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Sammlung Peter Merschroth
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Reichsarbeitsdienstabteilung K 254/9
Beerfelden im Odenwald 1939-1945
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Die RAD Abteilung K 254/9 war nicht die erste Einheit des Reichsarbeitsdienstes die ihren Standort in Beerfelden hatte. Bereits vom Frühjahr 1934 bis zum Sommer 1938 war die Abteilung 255/8 in Beerfelden stationiert bevor sie zum Westwallbau nach Farschweiler, zwischen Hermeskeil und Trier, am Rande des Hochwalds verlegt wurde. Standort der ersten Abteilung war auf einem recht beengten Areal innerhalb der Ortschaft. Die Abteilung wurde erst relativ spät aus dem Stammpersonal verschiedener Abteilungen aufgestellt, so war auch der Chef der Abteilung, Wilhelm Ebert, ursprünglich bei der Vorgängerabteilung 8/255. Der Einheit wurde der Ehrenname „Friedrich Ritter von Hirschhorn“ verliehen. Diese Ehrennamen hatten größtenteils ihre Bedeutung aus der deutschen Geschichte aber auch oft einen regionalen Bezug. Die Abteilung wurde vermutlich schon im Hinblick auf den bevorstehenden Einsatz für die Streitkräfte aufgestellt und der Bezeichnung wurde schon von Beginn an ein „K“ vorgestellt was für „Kriegseinsatz“ stand.
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Erklärung des Ehrennamens der Abteilung nach Schmitthenner „Das deutsche Herz“
Friedrich Ritter von Hirschhorn Etwa 20 km südlich des Standortes Beerfelden liegt an den Hängen des Neckars Stadt und Schloß Hirschhorn. Die Anfänge des Schloßes gehen vermutlich in das Jahr 920 zurück. Das Geschlecht der Ritter von Hirschhorn lebte von 1244 bis 1632 und erhielt sein Lehen von Kurmainz. Das Wappen der Herren von Hirschhorn, rotes fünfzackiges Hirschhorn in goldenem Felde, und zwei sechszackige Hirschhörner Rot und Gold als Helmzier gaben offenbar Veranlassung zu dem Namen. Der letzte dieses Geschlechts, Ritter Friedrich, genannt „das deutsche Herz“ erhielt nach dem Tode seines Vaters 1602 sein Lehen. Er ist gleichzeitig Erbtruchsess des Kurfürsten von der Pfalz und ist wegen seines offenen, treudeutschen Wesens bei vielen Fürsten bekannt. Bei Ausbruch des dreißigjährigen Krieges war Friedrich gegen denselben und behauptete: „Kein Deutscher für einen fremden Krieg“. In seinem Lehen führte er die Reformation ein, war aber gleichzeitig treuer Vasall von Kurmainz. Er missbilligte die Annahme der böhmischen Königskrone durch den Kurfürsten von der Pfalz und ahnte das herannahende Unheil. Als die Schweden vom Religions- zum machtpolitischen Kriege, zur Eroberung der Ostseegebiete übergingen, wandte sich Friedrich von Schweden ab. Friedrich war zweimal verheiratet. Seine Kinder verstarben alle vor ihrem Vater und so endete mit Friedrich das Geschlecht der Hirschhorn im Jahre 1632. Er liegt in Heilbronn begraben. Auf dem Sarge steht die ehrende Inschrift: „Des hochedlen und wahrhaft deutsch fühlenden entseelten Friedrichs von Hirschhorn Leib, Herr in Hirschhorn und Zwingenberg der Kurpfalz Erbtruchsesses, des letzten dieser Familie und dieses Geschlechts, gestorben am 22. September 1632, liegt beigesetzt in dieser Gruft. Die Seele genießt selig das ewige Leben“.
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Marsch vom Lager nach Beerfelden. Rechts neben Oberstfeldmeister Ebert marschiert sein Stellvertreter, Feldmeister Vobis.
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Leiter der Abteilung war der Oberstfeldmeister Wilhelm Ebert. Er wurde am 6.11.1905 geboren und stammte aus Frankfurt/Main. Ebert war studierter Betriebs-Volkswirt und trat im Jahr 1933 als Führer-Anwärter in den Freiwilligen Arbeitsdienst ein. Nach vielfältigen Schulungen, Lehrgängen und Versetzungen wurde er 1935 als Feldmeister in den RAD übernommen wo er in verschiedenen Abteilungen tätig war. Er hatte die Funktion des Abteilungs Chefs von 1939 bis 1945 inne.
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Das Stammpersonal setzte sich 1939 wie folgt zusammen:
Abteilungsführer:Oberstfeldmeister Ebert 1. Zugführer:Feldmeister Vobis 2. Zugführer:Obertruppführer Müller 3. Zugführer:Obertruppführer Bartz 4. Zugführer:Obertruppführer Brohm Truppführer:Jüll Truppführer:Heckmann Abteilungsverwalter:Amtswalter Schrack Quartiermeister:Unterfeldmeister Bessler Zeugmeister:Obertruppführer Pomplum Heilgehilfe:Obertruppführer Bähr
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Das Stammpersonal bei einer Besprechung.
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Bei den Planungen für das Lager der 9/254 wurde ein Platz gesucht der den Aufbau eines großzügigen Lagers mit entsprechenden Ausdehnungsmöglichkeiten bot. Ein passendes Gelände wurde außerhalb an der Straße in Richtung Hirschhorn am Neckar gefunden. Auf Weisung der Führung des Arbeitsgaus XXV Hessen-Süd wurde für Beerfelden der Aufbau des Musterlagers der Bau- und Siedlungsausstellung in Frankfurt/M. bestimmt. Unter Führung des Obertruppführers Haefele begannen der Bauzug im Herbst 1938 mit den Vorarbeiten. Neben dem Bauzug des RAD war auch Maurermeister Engelter mit seinen Mitarbeitern bei der Fertigung der Fundamente beteiligt. Durch den strengen Winter und die Höhenlage gestalteten sich die Arbeiten als äußerst schwierig. Um den gesetzten Termin einzuhalten wurde die Abteilung am 1.4.1939 in ein mehr oder weniger provisorisches Lager verlegt. Bis zur endgültigen Fertigstellung mußte auf jede Bequemlichkeit verzichtet werden und neben dem Regeldienst auch ständig an der Fertigstellung gearbeitet werden. Mit dem Termin der Verlegung wurde die Abteilung der Gruppe 254 mit Sitz in Darmstadt unterstellt und die verpflichteten Arbeitsmänner des Sommerjahrgangs 1939 trafen am Samstag, den 1.4. in Beerfelden zum Dienstantritt ein. Der größte Teil des Jahrgangs kam aus dem Bereich Oberhessen.
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Für die Neuankömmlinge war der erste Eindruck vermutlich Niederschmetternd, im gesamten Lager waren weder Straßen noch Wege vorhanden und der Verkehr von Baracke zu Baracke geschah über primitive Laufstege die ein Einsinken in den aufgeweichten Boden verhindern sollten. Erste und oberste Weisung des Abteilungsführers Ebert war die schnellste Herstellung eines brauchbaren Wegenetzes. Nur mit großen Mühen konnte die Fertigstellung aber auch die Planmäßige Ausbildung der Neuankömmlinge erledigt werden. Das gute Wetter tat ein übriges und das Lager war innerhalb von acht Tagen in einem brauchbaren Zustand. Erstmals zeigte sich die Abteilung anläßlich der Vereidigung des Jahrgangs am 20. April 1939 auf dem Marktplatz der Öffentlichkeit. Nach dem Gelöbnis der Arbeitsmänner durch Oberstfeldmeister Ebert nahm die Abteilung geschlossen an einer Feierstunde zum Geburtstag Adolf Hitlers mit anderen Parteigliederungen in der Turnhalle teil. Auch am 1. Mai gestaltete der RAD gemeinsam mit Hitler-Jugend und Partei eine öffentliche Feier. Zwei Tage später am 3. Mai inspizierte der Generalarbeitsführer und Leiter des Arbeitsgaus Hessen-Süd, Friedrich Wilhelm Faatz, die Abteilung und kontrollierte die baulichen Maßnahmen sowie den Ausbildungsstand der Mannschaft. Weiterhin bestimmte er 53 Männer die zusammen mit den anderen Abteilungen den Arbeitsgau auf dem Nürnberger Reichsparteitag vertreten sollten. Die eigentlichen Aufgaben der Abteilung wurden bereits am 17.4.1939 mit Meliorationsarbeiten in der Gemarkung Untersensbach und mit Rodungsarbeiten bei Gamelsbach begonnen. Einschneidende Veränderungen im Personalbestand stellte die Führung in dieser Zeit immer wieder vor größere Probleme, neben den zum Parteitag abkommandierten Arbeitsmännern stand auch noch der große Pfingsturlaub an und eine Herabsetzung der Stärke im Zuge von Entlassungen im Rahmen des Vierteljahresplans dünnten die Personaldecke immer weiter aus. 49 Kräfte wurden in Unterfranken und Westfalen als Ersatz für Wehrdienstleistende Landwirtschaftshelfer abkommandiert. Weitere zwei Truppführer und 46 Arbeitsmänner wurden für landwirtschaftliche Hilfsarbeiten und Erntehelfer in die Gemeinden Momart, Langenbrombach, Hüttental, Günterfürst, Gütersbach, Heisterbach, Airlenbach und Hetzbach entsandt. Der einzig verbleibende und komplette Zug, unter Feldmeister Vobis, wurde auf den Kreisparteitag nach Erbach geschickt um am Vorbeimarsch teilzunehmen und stand dadurch auch für einige Tage nicht für die ursprünglich geplanten Arbeiten zur Verfügung. Trotz der angespannten Personallage konnte auch das Lager selbst bis Anfang Juli im großen und ganzen fertiggestellt werden. Der Antreteplatz wurde mit Schlacke befestigt und zwischen den Wegen wurde Rasen angelegt. Auch wurden zahlreiche Blumen gepflanzt und die Wege befestigt.
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Endgültig zum Erliegen kamen die geplanten, und teils schon begonnenen, Baustellenarbeiten und die Hilfe in den Odenwaldgemeinden mit dem Befehl aus Berlin die komplette Einheit zu einem Großeinsatz für die Erntehilfe nach Ostpreußen zu entsenden. Neben den umfangreichen Vorbereitungsarbeiten machte der Abteilung zu dieser Zeit der Abzug von sechs Führeranwärtern und die Ruhestandsversetzung von drei weiteren Führungsrängen zu schaffen. Hier zeigt sich das große Dilemma in der sich der RAD fast ständig befand, Versetzungen, die relativ kurzen Dienstzeiten, ständige Präsenz zu Partei- und anderen öffentlichen Veranstaltungen ließen kaum Zeit die angestrebten Arbeiten in Ruhe und Ordnungsgemäß durchzuführen. Nur durch freiwillige Mehrarbeit war das gesteckte Ziel zu erreichen was aber kaum noch Raum für private Aktivitäten ließ. Für die Führungsränge bedeute dies aber auch das sie die Einheiten, neben der Standartausbildung, auch ständig neu motivieren mußten.
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Ernte-Einsatz „Tannenberg“
Am 17.7.1939 verabschiedete Abteilungsleiter Ebert das Vorauskommando unter Feldmeister Vobis und Obertruppführer Pomplum mit einer Stärke von 1/18 Mann nach Ostpreußen. Über Darmstadt und Frankfurt trafen sie in Giessen mit den weiteren Vorausabteilungen des Arbeitsgaus zusammen um über Kassel und Berlin mit Sonderzügen nach Swinemünde zu fahren. Von hier aus ging es mit dem Dampfer „Kaiser“ über die Ostsee nach Pillau. Die Bedeutung dieses Ernteeinsatzes verdeutlicht die Tatsache das sich auch Reichsarbeitsführer Konstantin Hierl mit seinem Stab an Bord befand um persönlich mit den Vorauskommandos die Arbeiten zu koordinieren. Bei ihrer Ankunft in Königsberg erfahren die Beerfelder zum ersten mal wo sie eingesetzt werden sollen: es ist in und um Heiligenbeil, einer Kreisstadt an der polnischen Grenze ca. 50 km von Königsberg entfernt. Nach fünf Tagen ist der Einsatzort erreicht und das Vorauskommando beginnt mit den Vorarbeiten zur Unterbringung der nachrückenden Abteilung. Gleichzeitig nimmt die Hauptabteilung Abschied von Beerfelden und machte sich auf den Weg nach Ostpreußen. Am 24.7.1939 erreichte die Abteilung mit zehn Führern und 167 Arbeitsmännern ihren Bestimmungsort. Mit Pferdefuhrwerken und einem gemieteten Omnibus wurden die Männer bis zum späten Abend zu ihren Unterkünften gebracht. Haupteinsatzort war das kleine Städtchen Zinten in dem ein größeres Gemeinschaftslager mit dem Abteilungsstab eingerichtet wurde. Die Abteilung wurde in zehn Arbeitskommandos aufgeteilt und kam in verschiedenen Ortschaften und Landgütern zum Einsatz. Bis Ende August arbeiten die Männer tatkräftig bei der Getreideernte mit die in jenem Jahr als außerordentlich gut angesehen wurde. Die meisten Bauern waren froh über jede helfende Hand und so wurden die Arbeitsmänner überall recht herzlich in den Familien aufgenommen. Durch die langen Arbeitszeiten entfielen in dieser Zeit die oft als lästig angesehenen Ordnungsübungen und der politische Unterricht. Nach dem Abschluß der Getreideernte halfen viele noch bei den ersten Frühkartoffelernten oder in Stall und Hof. Genau in diese Zeit, direkt an der polnischen Grenze, fällt der Beginn des zweiten Weltkriegs mit dem Überfall der Wehrmacht auf Polen am 1.9. 1939. Den Arbeitsdienstmännern blieb es auch nicht verborgen das sich schon seit Tagen einiges in der Grenzregion tat, Zinten war auch Garnisonstadt für die 1. Abteilung des Panzerregiments Nr. 10., und es konnten zahlreiche Operationen und Truppenbewegungen beobachtet werden. Eigentlich waren schon die ersten Vorbereitungen für die Rückkehr nach Beerfelden getroffen worden aber die Abteilung erhielt den Befehl sich mit anderen Abteilungen, die sich ebenfalls im Ernteeinsatz befanden, nach Seelesen bei Neidenburg zu begeben. Geplant war hier die Zusammenstellung eines Bau-Bataillons, die Abteilung wurde hierfür durch den Oberfeldmeister Rattmeyer verstärkt. Die Wartezeit auf den Einsatzbefehl überbrückte man mit Übungen und Besichtigungen, wie etwa des Tannenbergdenkmals. Obwohl die Zusammenstellung der Einheiten für den Einsatz in Polen so gut wie abgeschlossen waren wurden die Bau-Bataillone ab dem 23.9.1939 wieder aufgelöst und die RAD-Abteilungen für einen weiteren Ernteeinsatz nach Masuren verlegt. Im Bereich Rotwalde, wo sich auch der Abteilungsstab befand, half man bei der Hackfruchternte wozu die Abteilung wieder in neun Arbeitstrupps aufgeteilt wurde. Die einzelnen Trupps richteten sich wieder an ihren jeweiligen Einsatzorten ein und begannen umgehend mit den Arbeiten. Größtes Problem war anfangs die Masurische Sprache die den Arbeitsmännern zu schaffen machte, zu Beginn verstanden sie kaum ein Wort der Gastgeber und mußten sich erst langsam daran gewöhnen. Die Arbeiten gestalteten sich als schwierig und anstrengend. Um die Ernte an Kartoffeln, Zuckerrüben und Futterrüben zügig einzubringen wurde vom frühen Morgen bis zum Sonnenuntergang gearbeitet. Auch machten Regen und erste Schneefälle den Männern zu schaffen. Als die Ernte Ende Oktober abgeschlossen war kam die Order die Abteilung an die Russische Grenze zu verlegen. Nachdem sie sich, nach anfänglichen Schwierigkeiten, sehr gut eingelebt hatten und teils herzliche Kontakte zu den Bauern und ihren Familien bestanden hatten fiel der Abschied schwer. Die neuen Eisatzorte lagen im Kreis Lötzen wo die Abteilung wie gewohnt aufgeteilt wurde und wiederum bei der Hackfruchternte eingesetzt war. Nach über vier Monaten im harten Einsatz kam am 3. November der ersehnte Befehl wieder in die Heimatstandorte zu verlegen. Die Abteilung freute sich sehr wieder nach Beerfelden zu fahren und das Mühevoll fertiggestellte Lager wieder beziehen zu können. Aber nicht Beerfelden war das Ziel sondern die Anweisung lautete das die Abteilung das Lager in Reichelsheim beziehen sollte da in Beerfelden mittlerweile der weibliche Arbeitsdienst die Räumlichkeiten nutzte. Nach einer fast viertägigen Reise erreichten die Abteilung das Lager Reichelsheim und richtete sich dort ein. Die meisten Arbeitsmänner wurden am 13. November, nach Ablauf der Dienstzeit, entlassen und bei einem letzten Antreten von Oberstfeldmeister Ebert in die Heimat verabschiedet. Am 24. November 1939 wird die Abteilung vorübergehend aufgelöst und ein Teil der Führungskräfte wird zu anderen Dienststellen kommandiert.
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"Großer Bahnhof" bei der Ankunft in Pillau
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Nachfolgend einige Originalauszüge aus dem Bericht der Abteilung über den Einsatz an den Stab des Arbeitsgaus I in Königsberg/Ostpreußen
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Es ist Anfang Juni 1939. Mit vieler Mühe und Arbeit wird unsere neuaufgebaute Abteilung immer schöner und herrlicher, der Aufbau geht dem Ende zu. Unser großer Antreteplatz ist nun auch fertig gestückt und mit Schlacke bedeckt. Die Rasenflächen prangen zwischen den dunkelroten Wegen in saftigem Grün und die Blumen entfalten sich zur schönsten Pracht. Jeder, ob Arbeitsmann oder Führer, freut sich jedesmal, wenn er über den Hof geht. Da erreicht uns der Befehl, daß unsere Abteilung auf Abruf in Ostpreussen zur Ernte eingesetzt werden soll. Zuerst ist man sehr erstaunt, doch dann wird man sich der großen und stolzen Aufgabe voll bewusst. Und so werden nun die letzten Vorbereitungen getroffen für die Abreise in einen anderen, den meisten weniger bekannten, Teil unseres Großdeutschen Vaterlandes, um die Ernte, die Ernährung des deutschen Volkes sicherstellen zu helfen. Am 17.7.1939 nachmittags wird dem Abteilungsführer das Vorkommando, Stärke: 1/18 Mann, fertig zur Abreise gemeldet. Worte des Abteilungsführers mahnen nochmals an die Aufgaben des Vorkommandos. Auf ein frohes Wiedersehen in Ostpreußen!- Alles ist voller Erwartung, doch keiner weiß wohin. Vom Abteilungsstandort Beerfelden führt der Weg über Darmstadt, Frankfurt a.M. In Giessen treffen wir uns mit den anderen Vorkommandos des Heimatgaus XXV. Schon bald sind wir in Kassel, an den mitteldeutschen Städten vorbei, in Berlin angekommen. Nach kurzer Verpflegung durch die Reichsleitung bringt uns ein Sonderzug mit einem großen Teil der Vorkommandos der E-Abteilung aus den anderen Gauen nach Swinemünde. Wegen einer Kesselexplosion auf dem Dampfer "Berlin" bringt uns der Dampfer "Kaiser" in einer unbeschreiblich schönen Fahrt durch die Ostsee nach Pillau. Auf dieser Fahrt begegnet uns der größte Teil der so "mächtigen" polnischen Flotte. Sprechen tut eigentlich kaum einer über diese wenigen kleinen "Pötte". Es waren 4 Minenleger und zwei Zerstörerin der Größe unserer Torpedoboote. An Bord unseres stolzen "Kaiser" hatte jeder von uns nur ein Lächeln für die so "allgewaltige" polnische Flotte. Zu unserer größten Freude fährt der Reichsarbeitsführer mit uns an Bord. Er kann sich kaum der vielen Anstürme der Arbeitsmänner erwehren. Jeder will einmal in seiner Nähe gestanden haben, mit einem Reichsarbeitsführer gesprochen und ein Autogramm von ihm zum Andenken haben. Von Pillau fährt ein Sonderzug nach Königsberg. Und nun hier in Königsberg erfährt das Vorkommando, das voller Neugierde und Erwartung steckt, zum erstenmal, das die Abteilung im Kreis Heiligenbeil eingesetzt wird. Sofort wird die Karte studiert und Heiligenbeil
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Verabschiedung des Vorauskommandos am 17. Juli 1939
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Abfahrt der Abteilung
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Mittagessen und Übernachtung in Swinemünde
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Das Beerfelder Lager wird Mitte Dezember vom weiblichen RAD wieder an den Führerstamm der Abteilung 9/254 übergeben und die Arbeitsgauleitung plant die Abteilung wieder mit Arbeitsmännern zu belegen jedoch ohne einen genauen Termin zu nennen. Ab dem 4. Januar 1940 werden die Führer der Abteilungen in Bad Schwalbach zusammengezogen und warten dort um ihre zukünftigen Aufgaben als Leiter von Baukompanien der Luftwaffe zu übernehmen. Der Abteilungsstamm der 9/254 übernimmt ab dem 10.Januar die Baukompanie 23/VIII und wird auf dem Flugplatz der Luftwaffe in Speyer eingesetzt. Die Mannschaft bestand größtenteils aus den Jahrgängen 1900-1920 und sie kamen zu 80% aus dem Osten des Reiches wie Schlesiern und dem Sudetenland. Quartier bezog die Einheit in der Panzerkaserne von Schwetzingen. Außer einigen Einsätzen zur Schneeräumung auf dem Flugplatz hatte die Abteilung keinerlei Tätigkeiten zu verrichten. Ende Februar kehrt der Führerstamm der Abteilung wieder nach Beerfelden zurück nachdem er die Baukompanie an die Luftwaffe übergeben hatte und am 25. Februar erreichen 114 neue Rekruten das Lager um die Abteilung wieder zu beleben. Sie stammen größtenteils aus den Regionen Friedberg, Hanau, Frankfurt/M., Aschaffenburg und Miltenberg. Wie üblich sind die ersten Tage ausgefüllt mit Einkleiden, Untersuchungen und der Erledigung persönlichen Angelegenheiten. Nachdem mit der Ausbildung der neuen Arbeitsmänner begonnen wurde nahm , für den in Urlaub befindlichen Chef der Abteilung Ebert, sein Stellvertreter Oberfeldmeister Vobis Verhandlungen mit der Gemeinde Beerfelden auf um zukünftige Bauvorhaben zu planen. Als dringlich wurde es angesehen die Feldwege im Bereich des Lagers zu befestigen und mit Schotter zu belegen. Gleichzeitig wurde vom Kulturbauamt in Darmstadt die Durchführung von Arbeiten im Bereich Hetzbach angewiesen. Mit der Ankunft weiterer 26 Rekruten am 13. März war die Abteilung wieder komplett und in einer Feierstunde wurden sie am 17. März von Vobis vereidigt. Nach der Rückkehr von Ebert werden die geplanten Arbeiten umgehend in Angriff genommen und machen Anfangs gute Fortschritte. Aber, wie so oft beim RAD, sollte es anders kommen. Mitten in den Arbeiten mußte fast der komplette Mannschaftsbestand an die Abteilung K 3/140 L für den Einsatz am Westwall abgegeben werden. Mitten in der Ausbildung und den begonnenen Tätigkeiten stand die Abteilung ohne Personal da. Der in Hetzbach angefangene Graben ist noch nicht fertig und auch die Feldwege in Beerfelden sind nur notdürftig befestigt und nicht komplett. Der Abteilungsführung bleibt nichts anderes übrig als kleinere Arbeiten im Lager selbst zu erledigen und auf Ersatz für die Mannschaft zu warten. Wie schon kurz vorher trafen Anfang Mai wieder 103 Rekruten ein und die Prozedur der ersten Tage widerholte sich erneut. Doch mit dem Beginn der Offensive der Wehrmacht im Westen am 10. Mai wurde beschleunigt mit der Ausbildung begonnen denn schon am 16. Mai kam die Nachricht das die Abteilung zu einem Sondereinsatz kommen soll. Einen Tag später besuchen bereits Oberarbeitsführer z.b.v. Lemp vom Gau XXV und die Arbeitsführer Peltzer und Reuter die Abteilung die ihnen im zukünftigen Sondereinsatz unterstellt werden soll. Bei der Vereidigung der neuen Mannschaft am am 19. Mai waren auffallend viele Eltern, Bräute und sonstige Angehörige angereist um der Zeremonie beizuwohnen. Das war eigentlich nicht üblich aber der Westfeldzug und der Sondereinsatz hatten sich herumgesprochen und jeder wollte sich noch einmal von den jungen Männern verabschieden.
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Der Abteilungsstab in Zinten
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Auf der Bahnfahrt über Königsberg nach Tiefensee in Ostpreußen
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aufgesucht. Jetzt erst wissen wir, wo unsere Abteilung für einige Zeit ihre engere Heimat finden soll. Am 22.7.1939 erhalten wir in Hweiligenbeil genaue Anweisungen über den Einsatz der Abteilung. Sofort wird an die noch im Heimatstandort weilende Abteilung ein Telegramm aufgegeben mit kurzen Angaben über den EinsatzIn Lichtenfeld wird das Vorkommando bis zum Eintreffen der Abteilung untergebracht, von wo die einzelnen Truppunterkünfte überprüft werden. Bei unseren Besuchen bei den einzelnen Bauern sind wir alle höchst erstaunt über die überaus herzliche Gastfreundschaft und Höflichkeit. Wir sind überzeugt, dass es zu einem guten und herzlichen Einvernehmen zwischen den Männern der Abteilung und der Bevölkerung kommen wird. Am 24.7.1939 trifft die Abteilung gegen 22.00 Uhr in Tiefensee ein. Sofort werden die einzelnen Einsätze eingeteilt und gegen 23.00 Uhr ist alles, teile mit Pferdefuhrwerken, teils mit einem gemieteten Omnibus nach den einzelnen Standorten gebracht. Der erste Tag wird noch dazu verwandt, die einzelnen Truppunterkünft nach arbeitsdienstart wohnlicher zu gestalten. Die nächsten Tage geht es aber dann mit Hochdruck an die Getreideernte, die schon fast überall in vollem Gange ist. Und nun ist Ende August und das Getreide ist bei günstigem Wetter in allen Standorten eingebracht. Wir alle freuen uns mit den überaus glücklich und zufriedenen Bauern, daß es dieses Jahr eine selten gute Getreideernte gab. Überall wo man hin kommt, wen man fragt, alles spricht nur von einer guten Ernte und gleichzeitig von der so tatkräftigen Unterstützung des ostpreußischen Bauern durch die Arbeitsmänner. Mit Stolz und Genugtuung kann die Abteilung berichten bei rund 6500 Morgen abgeerneteten Getreides und rund 10500 Ztr. gedroschenen Getreides geholfen zu haben. So vergeht Tag um Tag. Allmorgendlich begeben sich die Arbeitsmänner zu ihren Bauern, bei denen sie schon überall zur Familie aufgenommen sind, und kehren abends müde zurück. Überall werden sie wie die eigenen Familienangehörigen behandelt. So hilft nun alles zusammen, um dem Boden, der dieses Jahr diese hervorragende Ernte hervorgebracht hat, wieder neue Nahrung zuzuführen, ihn umzupflügen, der nun wieder die Saat für das nächste Jahr in sich aufnehmen soll, um die Ernährung des deutschen Volkes auch im kommenden Jahre sicherzustellen. Auch diese Arbeit kostet viel Schweiss und Energie, sie bereitet aber den Arbeitsmännern viel Spass, da das Ackern für sie wieder etwas Neues ist. Gleichzeitig wird schon vereinzelt mit der Hackfruchternte (Frühkartoffeln) begonnen. Daneben gibt es so allerlei Arbeiten in Hof und Stall. Die Betreuung des Viehes (Kühe und Pferde) nimmt weniger Arbeit in Anspruch, da ja sämtliches Vieh sich draussen auf der Weide befindet. So geht es dem Ende des Monats August zu. Zur selben Zeit werden unsere volksdeutschen Brüder und Schwestern in Polen immer mehr und mehr unterdrückt, verfolgt, hingemordet. Und nun immermehr wird diesen Hunden von Polen von der englischen Regierung der Rücken gestärkt, das Blutbad an den deutschen fortzusetzen.
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Einsatz im Westen
Mit dem Zug ging es am 23. Mai nach Frankfurt. Eine 17köpfige Mannschaft verblieb in Beerfelden als Wachkommando. Treffpunkt war die Marbachkaserne wo das neugebildete Sonderkommando zusammengestellt wurde. Außer der 9/254 gehörten noch die Abteilungen aus Arheilgen, Alsbach und Königstein aus Südhessen sowie die Abteilung aus Rotenburg/Tauber dazu. Zum ersten mal weist die Verteilung der Ausrüstung auf einen Kriegseinsatz hin. Jeder bekommt eine Gasmaske sowie Stahlhelm mit Luftwaffenemblem und es werden Erkennungsmarken ausgestellt. Die Einheit erhält die Bezeichnung 282 und die Beerfelder Abteilung ist mit einer Stärke von 15 Führern und 168 Mann einsatzbereit. Erstes Einsatzziel ist Holland wo die Einheit mit dem Sonderzug am 24.5 in Maastricht eintrifft. Da keine Unterkünfte vorbereitet waren mußten sie die erste Nacht auf dem Bahnhof zwischen einem Munitionszug und einem mit Benzin beladenem verbringen. Da für den RAD keine Verwendung war konnten sich die Arbeitsmänner an ihrem ersten Tag in aller Ruhe die Stadt anschauen und einkaufen. Außer den riesigen Kolonnen der Wehrmacht waren hier nur wenige Kriegsfolgen zu erkennen, in der Hauptsache waren es zerstörte Brücken die aber von Pioniereinheiten wieder hergestellt worden waren. Noch am gleichen Abend wurden sie auf Lastwagen verladen und es ging durch Holland in Richtung Belgien. Kurz vor der Grenze waren die Spuren schwerer Kampfhandlungen nun deutlich zu sehen. Die gute Stimmung der letzten Tage kippte als sie an den ersten deutschen Soldatengräbern vorbeifuhren, ab jetzt war auch dem letzten der Ernst der Lage bewußt. Noch in dieser Nacht erhielten sie ihre „Feuertaufe“ als sie im Stockdunkeln auf einer vielbefahrenen, mit Bomben- und Granattrichtern übersäten, Straße in einen feindlichen Fliegerangriff gerieten der aber, außer einigen Blechschäden, glimpflich verlief. Nach der weiteren Fahrt durch das völlig zerstörte Löwen erreichen sie am frühen Morgen Brüssel wo ihnen als Standort die „Carabinier“ Kaserne zugeteilt wurde. Es kostete einige Mühe die überstürzt verlassenen Unterkünfte halbwegs herzurichten. Da wieder kein Einsatzbefehl vorliegt wird die Kaserne wohnlich für einen längeren Aufenthalt ausgestaltet. Nach der Kapitulation Belgiens am 28.5 heißt es wieder schnellstens packen und weiterfahrt in Richtung Frankreich. Die Männer beugen sich dem Befehl obwohl ihnen zum Widerholten Mal der Sinn ihres Tuns nicht ganz bewußt wird. Auf LKW und Bussen geht es weiter über Behelfsbrücken und zerschossene Straßen entlang den Schlachtfeldern des ersten Weltkriegs wie auch Maubeuge das nun zum zweiten mal in diesem Jahrhundert fast völlig zerstört wurde. Endlose Kolonnen von Flüchtlingen und Vertriebenen verstopfen neben Gefangenen Soldaten zusätzlich die Straßen und stellen die Kunst der Fahrer auf eine zusätzliche Probe. Mit der Ankunft im französischen Hirson erwartete die Einheit ihre ersten Aufgaben . In einem Armeeverpflegungslager werden drei Gruppen eingesetzt. Sie reinigen zusammen mit Kriegsgefangenen verschiedener Länder die Hallen und setzen Wege und Straßen instand. Im Anschluß an diese Vorarbeiten werden von der Abteilung die verschiedensten Lebensmittel ausgeladen und eingelagert. Die Abteilung wird in Privathäusern von geflohenen Einwohnern untergebracht. Schon nach ein paar Tagen ist wieder eine Verlegung angesagt, die Fahrt geht nun weiter nach Lissies bei Trelon. Hier wird die Abteilung im Munitionslager „Kluck“ mit dem Lagern und Umschlagen von Munition jeglicher Art betraut. Das Lager war ursprünglich ein Teil der verlängerten Maginot-Linie und wurde widerstandslos von der Wehrmacht besetzt. In den ersten Tagen wird fast ausschließlich Munition in großen Mengen abgeladen, gestapelt und getarnt. Da den Arbeitsmännern zu Beginn die nötigen Kenntnisse fehlen werden sie von erfahrenen Feuerwerkern der Wehrmacht in die Materie eingearbeitet und ausgebildet. Nach einigen Tagen und der immer größer werdenden Arbeitsflut übernehmen die RAD Angehörigen den kompletten Dienstbetrieb des Munitionslagers und werden nur noch sporadisch von den Befehlshabenden Feuerwerkern beaufsichtigt. Die große Hitze und die ständig steigende Arbeitsbelastung machen den Männern zunehmend schwer zu schaffen. Durchschnittlich vier bis fünf Stunden Schlaf müssen genügen der auch noch oft durch Fliegeralarm unterbrochen und gestört wird. Täglich werden über 1000 Tonnen Munition von Hand umgeladen. Durch die andauernden Luftangriffe war in dem Depot die Stromversorgung unterbrochen was die Männer von ihrer wichtigsten Verbindung zur Außenwelt, dem Radio, abschnitt. Das etwas in der Luft lag war allen klar aber die verschiedensten Gerüchte, von LKW Fahrern der verschiedenster Einheiten geschürt, vermochten keine Klarheit zu schaffen. Am Freitag den 6. Juni 1940 beginnt dann die große Offensive der Wehrmacht, bei Sedan wird die Maginot-Linie durchbrochen und der RAD liegt nun im Zentrum der angreifenden Heeresgruppe die ständig mit Munition versorgt werden muß. Waren die vergangenen Tage schon sehr anstrengend so ist nun an Ruhe oder gar erholsamen Schlaf überhaupt nicht mehr zu denken. Rund um die Uhr, nur von kurzen Verpflegungspausen unterbrochen, wird gearbeitet um die Versorgung der kämpfenden Truppe zu gewährleisten. Mit dem Einmarsch in Paris am 14. Juni beruhigt sich die Lage ein wenig, es wird nur noch Munition eingelagert aber keine großen Mengen mehr verladen und so können sich die Arbeitsmänner langsam ausruhen und wieder einen geregelten Arbeitsablauf einnehmen.
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Freitag, den 14.Juni 1940 Einmarsch deutscher Truppen in Paris! Jeder fühlt, es kann unmöglich noch lange dauern. Die Arbeit wird weniger. Montag, den 17. Juni 1940 Seit den frühen Morgenstunden steht die Abteilung marschbereit. Verlegung nach Süden. Einsatz unbekannt. War der Einsatz in unserem Munitionslager auch noch so herrlich, so sind doch Führer wie Arbeitsmännerfroh, näher an die Front zu kommen. Gilt es doch neuen Erlebnissen entgegen. Da man stundenlang vergeblich auf Fahrzeuge wartet, wird allerlei Scherz getrieben um die Langeweile zu vertreiben. So steht auf einmal ein Klavier auf der Straße und die Abteilung rund um. Es wird feste gesungen und geschunkelt. Ein Ansager, mit dem Trichter eines vermeintlichen Grammophons, verkündet jetzt ein Wunschkonzert. Und unser Klavierkünstler muss deswegen alle Register seines Könnens ziehen. Gegen 13 Uhr setzt sich endlich unsere Kolonne in Bewegung. Führer und Arbeitsmänner sind voller Erwartung. Unsere Fahrt geht über Avesnes in Richtung Reims. Überall macht man dieselbe Feststellung. Je weiter man nach Frankreich kommt, desto weniger findet man Spuren des Krieges. Es sind fast nur Flussübergänge, befestigte Punkte oder Hauptstraßen, an denen heftige Kämpfe stattgefunden haben. Zu beiden Seiten der Straßen liegen zerschossene und ausgebrannte Fahrzeuge, Tanks, Geschütze und Munition und Tierkadaver, die in der Hitze einen fürchterlichen Gestank verbreiten. Ab und zu französische Gräber, vereinzelt ein deutsches. In welch wilder Flucht muß doch die „Grande Nation“ zurückgeflutet sein! Kaum einen Augenblick Zeit, sich den verfolgenden deutschen Truppen zu stellen. „Ob es nur an der Zeit lag“. Jeder fühlt immer wieder, es kann unmöglich noch lange dauern. „Paris e’est la France“ und das hat nun die französische Heerführung aufgegeben! Heftige Kämpfe müssen sich bei dem Aisne-Übergang bei Neuf Chàtel abgespielt haben. Stukas und Artillerie haben hier für unsere Infanterie gute Vorarbeit geleistet. Eine, von unseren Pionieren gebaute Brücke, lässt uns die Aisne passieren. Die alte ist von den Franzosen gesprengt. Als wir vor Reims an einem französischen Flughafen vorbei fahren, staunen wir alle über die Arbeit unserer Luftwaffe. Man sieht nur noch ausgebrannte Hallen, und gegen 50, am Boden zerstörte französische Flugzeuge liegen wüst durcheinander. In der untergehenden Sonne sehen wir von einer Anhöhe herab auf Reims. Am Horizont als Silhuette die Kathedrale. Die Stadt ist gesperrt und bietet uns ein ausgestorbenes Bild. Fast schaudert einem, durch eine solche Stadt ohne jegliches Leben zu fahren. Auf der Fahrt erfahren wir von einem deutschen Polizisten, daß Deutschland und Frankreich in Waffenstillstandsverhandlungen getreten sind.. Der Jubel in unserer Kolonne ist unbeschreiblich. Südlich Reims sieht man in dem weißen Kreideboden alte Festungen und Stellungen aus dem Weltkrieg eingegraben. Außerdem Granattrichter an Granattrichter, Stacheldraht, spanische Reiter, Schützengräben, Kanonen und Tanks. Alles in seiner natürlichen Ursprünglichkeit. Wir sind in der Champagne. In der Dunkelheit passieren wir Suippes und kommen in das HBL „Toni“ Bei Regen und aufgeweichten Wegen kommen wir auf eine Ferme, auf der bereits eine Baukompanie untergebracht ist. Die Unterkunft wird in den kommenden Tagen von unseren Handwerkern wohnlich hergerichtet. Das HBL „Toni“ liegt unweit der Ferme auf einem Hügel, gut getarnt in einem Kiefernwald. Unsere neue Aufgabe ist es Betriebsstoff alles Art auf- oder abzuladen, zu stapeln und zu tarnen. Die Arbeit ist bei weitem nicht so anstrengend wie die im Munitionslager. Außerdem ist zur selben Arbeit die Baukompanie eingesetzt. Aus diesem Grund arbeiten jeweils zwei Züge abwechselnd tageweise. Gleichzeitig wird auf einem fast „idealen“ Gelände mit der Ausbildung begonnen. Hier kann das, was seither aus Mangel an Zeit nicht eingeübt werden konnte, reichlich nachgeholt. Frankreich nimmt die Bedingungen Deutschlands nicht an! Auf unserer Ferme finden wir mittels einer Lichtmaschine zum ersten Mal elektrischen Strom vor und haben so die Möglichkeit, mittels eines Rundfunkgerätes, sämtliche Nachrichten zu hören. Der Besitzer ist geflüchtet und so sind wir, zusammen mit der Baukompanie, die Besitzer der Ferme. Auf der Weide befindet sich eine große Herde Rinder, Ziegen und auch Schafe. Dazu Federvieh aller Art und was für ganz Frankreich charakteristisch ist, eine Menge Stallhasen. Unser Koch macht reichlich Gebrauch von seinem Meisterbrief als Metzger, da wir mit der Frischfleischversorgung lange Zeit auf uns selbst angewiesen sind. Ähnlich ist es mit unserer Butter- und Brotversorgung. In einem Dorfe wird eine Dampfbäckerei ausfindig gemacht, und so sorgen unsere Bäcker (Arbeitsmänner) jeden Tag für frisches Weißbrot. Man darf gar nicht beschreiben, was von den Verpflegungsämtern alles angeliefert wird. Dazu die „flüssigen Kostbarkeiten der Champagne“. Jetzt erst wissen wir, was es heißt zu leben „wie dieser berühmte Gott in Frankreich“. In dieser Zeit motorisiert sich die Abteilung „auf eigene Kosten“. Die Arbeitsmänner nehmen sich eifrig ein Beispiel an den alten Landsern der Baukompanie. Außerdem sind sie ja selbst „im Pulverdampf ergraute Krieger“ geworden. Beides ist sehr gut festzustellen an der rapiden Abnahme des Federviehs und der unzähligen Stallhasen. Gackert irgendwo ein Huhn, schon stehen einige Gestalten da und halten die Hand unter. Das ist die andere Seite des Krieges und gehört genauso dazu. Zu den Angehörigen der Baukompanie, die alle ältere Jahrgänge sind, ergibt sich mit der Zeit eine herzliche Kameradschaft. Und sie freuen sich über den Ulk, den die ausgelassenen Arbeitsmänner nach dem Dienst treiben. Eines Abends ist ein Fußballspiel zwischen der Abteilung und der Baukompanie angesagt. Sämtliche „Bewohner“ der Ferme finden sich auf dem Kampffeld ein. Auf je einer Seite befinden sich die feindlichen Lager. „Ehrentribüne“ ist das Wellblechdach einer riesigen Scheuer und ist nur von guten Kletterern zu erreichen. Hier oben „“thront“ der Ansager des Großkampfes, bewaffnet mit dem Schalltrichter eines alten Grammophons. Eine Menge Arbeitsmänner zeigen sich in der buntesten „Kriegsbemalung“. Sonnenschirme, die sehr nach „Pariser Boulevards“ riechen, lassen die „Tribüne“ noch vornehmer erscheinen.
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Das auf- und abladen der Munition geschah alles in reiner Handarbeit
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Gewaltige Menger an Munition jeder Art wurde im Rahmen der Großoffensive umgeschlagen
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Artilleriegranaten werden von Hand um- geladen und gestapelt
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Zur Verstärkung der akustischen Beigeräusche, als Applaus für den rasenden Kampf dient eine Trompete, aus der die schauerlichsten Töne entlockt werden. Wie die Matadore in der Arena, so springen unsere „Kanonen“ in das Spielfeld, Sie werfen sich mächtig in die Brust. Der Kampf beginnt. Jede Bewegung im Spiel wird lau applaudiert. Unser Ansager gibt den Bericht durch seinen Grammophontrichter. Welch ein Gejohle als die Abteilung die Führung erzwingt, die sie bis zum Schluss halten, ja vergrößern kann. Mit 5:2 wird die Baukompanie haushoch geschlagen. Auf den Schultern werden die Torschützen vom Feld getragen. Anschließend wird dann allerlei Blödsinn getrieben. Sogar unser braver „Mule“, der stundenlang ohne sich zu rühren auf einer Stelle steht, wehrt sich vergeblich gegen die Reitversuche seitens der Arbeitsmänner. Wir sind höchst erstaunt, daß er sich doch bewegen kann indem er die tollsten Sprünge ausführt und hinten und vorne solange ausschlägt, bis er die Plagegeister abgeworfen hat. Unser Aufenthalt auf der Ferme grenzt fast an Sommerfrische. Die Arbeit wird immer weniger. Freitag, den 20. Juni 1940 Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich im Walde von Compiègne . Welch eine Begeisterung. Die „Grand Nation“ ist nun doch am Boden. Selbst was die größten Optimisten nicht zu hoffen wagten, ist eigetroffen. Montag, den 24. Juni 1940 Die Französische Abordnung verhandelt mit Italien. Dienstag, den 25. Juni 1940 Ab 1.35 Uhr Waffenstillstand mit Frankreich. Am Abend erinnert Oberstfeldmeister Ebert in einer kurzen Ansprache noch einmal an die fast wunderbare Tat des Führers, die diesen Sieg über die „Grand Nation“ errang. Er schließt mit einer Mahnung für unseren weiteren Einsatz. Bei den „feuchten Erzeugnissen der Champagne“ sitzen Führer und Arbeitsmänner noch lange beisammen. Unsere Ferme „Manthara“ liegt etwas 25 km östlich Chalons sur Marne, mitten in der Champagne, eingebettet in ein Tal, zu beiden Seiten sanfte Hügel. Der Pflanzenwuchs ist ähnlich dem im Jura, spärlicher Graswuchs, Wacholder und arme Kiefernbestände. Der Bauer ernährt sich fast zu 70% von der Weidewirtschaft (Rinder- und Schafzucht). Weinberge sehen wir weit und breit keine. Die ganze Gegend ist für unsere Begriffe sehr dünn besiedelt. Stundenweit sieht man kein Dorf. Verödete Bauernhöfe ohne jede Bewirtschaftung kann man fast überall feststellen. Die Besitzer sind ausgestorben. Soviel Brachland (unbewirtschaftet) haben wir noch nie gesehen. Für uns Deutsche einfach unfassbar! Hier sieht man, dass es Frankreich tatsächlich nicht nötig hat (wahrscheinlich nicht nötig hatte), den Boden intensiv zu bewirtschaften. Noch hat es einen ungeheuren Kolonialbesitz, der den Wohlstand in Frankreich bedingt. Der Dreck in den Höfen und die Unordnung auf den Feldern ist überhaupt nicht zu beschreiben. Polen, Tschechen oder Italiener sind die landwirtschaftlichen Arbeiter. Keine Franzosen! Wenn schon, so sind es geistig oder körperlich Krüppel. Allmählig kommen die Flüchtlinge wieder zurück. Man kann kaum glauben, was sie alles erlebt haben. Wie wir von Flüchtlingen erfahren, wurde ihnen auf der Flucht immer und immer wieder von einem „Marnewunder“ erzählt. Zuerst wurden sie von dem französischen Heere vor sich her getrieben. Als unsere Stukas die fliehenden Truppen verfolgten, nahmen sie diese wehrlosen Zivilisten mitten in ihre eigenen Reihen. Sie rechneten jedoch diesmal vergeblich mit der deutschen Humanität. So lagen Greise, Frauen und Kinder mitten im höllischen Kampfe. Der geringe Arbeitsanfall und unsere „eigene Motorisierung“ ermöglichte eine Besichtigung von Verdun. Die Fahrt führt über Clermont in die Argonnen. Schrecklich sind die endlosen Flüchtlingskolonnen anzusehen, die wieder zurückkommen. Die meisten auf zweirädrigen Pferdekarren, die hoch beladen sind, das sie umzufallen drohen. Andere wieder mit Fahrrädern, zu Fuß, auf einem Schubkarren die nötigsten Habseligkeiten gepackt. Ein Bild des Jammers. Rein menschlich darf man sich mit diesen Eindrücken gar nicht befassen. Sonst vergisst man die Opfer unserer braven Soldaten die ihr Leben hingaben, um unserer Heimat solches Elend zu ersparen. Gesprengte Brücken, Granat- und Bombentrichter, zerschossene und verbrannte Dörfer, Fahrzeuge, Geschäfte, Munition, übelriechende Tierkadaver, auch Gräber führen uns zur natürlichen Feste Verdun. Hier sollte sich durch den Plan der obersten Heeresleitung im großen Völkerringen die französische Armee verbluten. Über zwei Jahre lang rannte man mit teilweisem Erfolg vergeblich an. Kaum übersehbare Heldenfriedhöfe, fast Wälder aus Kreuzen, fordern in einem unwillkürlich einen Vergleich des Weltkriegs zum heutigen Kriege. Fast glaubt man an ein Wunder. Hier fühlt man die Größe des Führers als Feldherr.
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Verdun liegt in einem Talkessel und ist nicht allzu groß. Die Maasbrücke ist von den Franzosen selbst gesprengt. Unsere Pioniere haben auf den Trümmern dieser Brücke eine neue aus Holz gebaut. Rings auf den Höhen liegen die alten und auch die neuen Befestigungen. Letztere sind kaum sichtbar. Diese befestigten Punkte beherrschen bis auf weite Entfernungen ringsum das Gelände. Die Schlachtfelder von 1914-1918 liegen noch unversehrt. Granattrichter stößt an Granattrichter. Für die heutigen Begriffe kaum fassbar. Man sollte doch annehmen, dass aus diesem Gelände noch nicht eine Maus lebend herauskam. Die Schlachtfelder sind heute mit Gras, spärlichem Buschwerk und Krüppelbirken bewachsen. Das riesige Beinhaus in seinem hellen Kalkstein der Argonnen hebt sich schon von weitem deutlich sichtbar aus der Landschaft heraus. Gelbes Licht (bedingt durch gelbe Glasfenster) gibt dem Inneren eine weihevolle Stimmung. Auf den einzelnen Steinen sind die Namen der Feldherrn der Entente, Schlachtorte, ausgezeichnete Regimenter und dergl. zu lesen. In Nischen Sarkophage aus schwarzem Marmor aufgestellt. Zwei Plastiken (Krieger und Mutter) sind verboten zu fotografieren. Vor dem monumentalen Bau des Beinhauses befindet sich ein französischer Heldenfriedhof mit 15.000 gefallenen Franzosen. Ein riesiger Gedenkstein für alle Gefallenen Juden des Weltkrieges erregt bei uns ein leises Lächeln. Auf Fort Duamont sehen wir den Stellvertreter des Führers, Rudolf Hess. Mit einigen Führern der SS besichtigt er die Festungsanlagen. Neben den alten Kasematten des Weltkrieges sehen wir die neuzeitlichen drehbaren Panzerkuppeln eingebaut. Bis zum Horizont dehnen sich ringsum die Schlachtfelder des Weltkrieges hoch überragt von dem Fort. Gegen Abend sind wir wieder auf unserer Ferme zurück. Eine andere Fahrt zeigt uns die Städte Troyes und Vitry. Wie wir hören sind diese beiden Städte als Vergeltung für die Beschießung Freiburgs von unserer Luftwaffe bombardiert worden. Dies aber bestimmt mit der nötigen Gründlichkeit. An all das, was wir auf dieser Fahrt an Beute sehen, kann man sich so ungefähr eine Vorstellung machen, in welchem Chaos die französischen Truppen zurückgeflutet sind. Fast während unserer ganzen Fahrt sehen wir an beiden Straßenseiten und im Gelände feuerbereite Geschütze der verschiedensten Kaliber. Dabei Kasten oder Körbe mit Munition. Der Deckel ist heruntergerissen, doch kein einziger Schuss herausgekommen. Wagen, motorisiert oder pferdebespannt, mit Munition, Verpflegungs- oder Ausrüstungsgegenständen, teilweise noch unversehrt liegen in den Straßengräben umgeworfen. Einige davon sind ausgenrannt. Auf der Straße liegen einzelne Stahlhelme, Waffen oder Bekleidungsstücke. Es hat den Anschein, als hätte der französische Soldat alles weggeworfen, um nur sein nacktes Leben zu retten. Vor Troyer stehen sämtliche Fahrzeuge und Geschütze einer Flakbatterie wüst durcheinander. Dicht dabei sind zwei deutsche Pioniergräber. Auf unserer Fahrt überholen wir fast endlose Kolonnen französischer Gefangener, bewacht von wenigen deutschen Soldaten. Immer und immer wieder das schreckliche Bild der Flüchtlingszüge. Einem Jungen geben wir von unseren Broten. In Vitry steht nur noch die Kirche und ein paar Häuser am Rande der Stadt. Aus einem riesigen Trümmerhaufen ragen nur noch die Kamine. Ein schauerlicher Anblick! Der Arbeitsanfall mehrt sich etwas. Es wird fast nur abgeladen. Es hat den Anschein, als sollte das Lager wieder aufgefüllt werden. Am 2.7.1940 erhält Obertruppführer Bartz durch einen Motorradunfall einen Unterschenkelbruch und wird ins Krankenhaus nach Troyes eingeliefert. Zu dieser Zeit werden Stimmen laut, dass wir zurück in den Heimatstandort sollen. Sogar unser Truppenstab verbreitet solche Parolen. Fast wir es langweilig. Dazu noch friedensmäßiger Dienstbetrieb. Dann wollen wir schon lieber zu Hause sein, oder einen neuen Einsatz. Da erreicht uns am Abend des 9.7.1940 der Befehl: Einsatz bei der Luftwaffe. Während wir also bis jetzt beim Heer eingesetzt waren sollen wir nun zur Luftwaffe. Führer und Arbeitsmänner sind voller Freude darüber. Endlich raus aus dieser Ecke! Endlich Schluss mit der Langeweile! Jedoch die nächsten Tage kommt immer noch kein Einsatzbefehl, immer noch keine näheren Angaben über den angekündigten Einsatz. Wir glauben nur noch das, was wir sehen. Laut Befehl des Reichsarbeitsführers werden zwei Reichsparteitagszüge zusammengestellt und mit der nötigen Ausbildung begonnen. Soll also Reichsparteitag stattfinden?! Am Donnerstag, den 18.7.1940 wird der Gruppenstab wegen unseres Einsatzes bei der Luftwaffe von Chalons sur Marne nach Chaumont verlegt. Am nächsten Tage stehen auch wir marschbereit. Und endlich am 207.1940 gegen Mittag setzt sich unsere Kolonne in Bewegung. Jetzt erst glauben wir, daß wir in einen neuen Einsatz kommen! In Chalons sur Marne treffen wir mit der Abteilung Arheilgen und Alsbach zusammen. Sämtliche 5 Abteilungen der Gruppe kommen zu demselben Einsatz. Abteilung Königstein und Rothenburg haben bereits ihre neuen Standorte bezogen. Die Wagen mit den Kammerbeständen, Lebensmittel und Arbeitsgeräten fahren eine andere Strecke.
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.Alles ist gespannt! Haben wir noch Gelegenheit, ein neues Stück Frankreich kennen zu lernen. „Was wird uns der neue Einsatz bringen ist wohl aller Gedanke bei der Abfahrt. Unsere Fahrt führt uns über Chalons sur Marne, Meaux, Vororte von Paris nach Fontoise. Hier müssen wir wegen gesprengter Brücken ein großes Stück umfahren. Wir fahren die Oise aufwärts bis zum Städtchen Beaumont, wo wir auf eine Notbrücke unserer Pioniere die Oise passieren können. Wir kommen dann nach Méry, Chaumont (Sitz des Gruppenstabes) und treffen gegen Abend in Locoville ein wo wir Unterkunft beziehen. Fast „Ostpreußenstimmung“ überkommt einem auf dieser Fahrt. Wogende Getreidefelder die auf die Ernte warten und so viele Arbeitsmänner. Genau wie vor einem Jahr in Ostpreußen. Durch ein Hügelland hat die Marne ihren Lauf.- Bedingt durch den Kreideboden der Champagne sieht sie aus wie ein Band in Seegrün, das in der Landschaft gewunden liegt. Die weit ausgedehnten Weizenfelder strahlen in der heißen Sonne des Hochsommers in fast Goldocker bis ins Goldrot. In ihnen liegen eingestreut dunkelgrüne Kleeäcker, teilweise in rosaroter Blüte und Haferfelder in weißgrüner Farbe. Als natürliche Kulisse lehnt sich ein sanfter Hügel mit Mischwald und einzelnen Weinbergen an. Über all dem wölbt sich ein fast indigoblauer Himmel. Und wer die Farbenglut der Bilder von van Gogh kennt, findet sie hier wieder. Überall sieht man den französischen Bauern bei der Ernte. Man denkt schon gar nicht mehr an Krieg. Doch plötzlich wird man aus diesen Träumen aufgeweckt. Gesprengte Brücken, zerschossene Städte, in Privatgärten die schwersten Bunker, Straßensperren, vereinzelte Gräber tauchen auf. Darunter auch manche deutsche. Sie mahnen uns an unsere Pflicht! Bald sind wir in St. Denis, einem Vorort von Paris. Dreck-, Industrie-, elende Wohnviertel – aber….! Puder, Schminke, Lippenstift usw. Puuuuhhhh !!!!! Ein kleines Schloss, eine Villa und eine Ferme dienen der Abteilung als Unterkunft. Unsere Aufgabe bei der Luftwaffe ist, mit den anderen vier Abteilungen der Gruppe, einen Ausweichhafen einsatzbereit herzurichten. Eine riesige, sanftgewellte Fläche mit Getreide, Hackfrucht und Viehweiden ist umgeben von einzelnen Waldstücken. Aus ihm soll der Ausweichhafen entstehen. Uns allen macht dieser Einsatz riesige Freude, ist es doch für uns wieder etwas Neues. Wir können kaum abwarten, den Platz fertiggestellt zu haben. Ob wir hier die Gelegenheit haben den Einsatz unserer Luftwaffe gegen England miterleben zu dürfen? Bald sind die Einfriedigungen der Viehweiden beseitigt. Bäume, die auf dem Rollfeld stehen, umgehauen. Feldwege eingeebnet usw., dann geht es an den Bau der Boxen. Zu diesem Zweck werden in den Wald Löcher gehauen, in die, die Maschinen eingestellt werden können. Für uns zwar neue Arbeiten, doch bald arbeiten Führer wie Männer mit großem Vorteil. Dann wird der Boden befestigt, die Splitterwände hergestellt und die Deckungsgräben ausgehoben. Zur gleichen Zeit wird die Nürnbergausbildung fortgesetzt. Am Donnerstag, den 1. August 1940 landet eine Maschine bei uns. Sie gehört zu der Kampfgruppe für die wir diesen Ausweichhafen bauen. Es ist der „Heckespringer“ oder auch „fliegender Bleistift“, wie die DO 17 genannt wird. Welch ein Erlebnis für uns! Sehen wir solch einen „Riesenvogel“ zum ersten Mal aus nächster Nähe. Boxen und Deckungsgräben gehen immer mehr ihrer Fertigstellung entgegen. Die Arbeit wird weniger. Es wird schon wieder langweilig. Am Montag, den 5. August 1940 steht die Abteilung wieder einmal marschbereit. Diesmal sollen wir nur für wenige Tage auf dem E-Hafen Cormeille eingesetzt werden. Die Quartiere in Locoville werden deswegen beibehalten. Kammer mit Zeugmeister und Handwerkern bleibt zurück. Gegen 7.15 Uhr bringen uns Omnibusse der Luftwaffe über Marines auf den E-Hafen Cormeille. An den vielen Flak-Stellungen erkennt man bald, dass wir in unsrem neuen Einsatzgebiet sein müssen und schon taucht ein riesiges Rollfeld mit Strohboxen auf. Es ist ein Feldflughafen, der von den Franzosen gebaut und auch benutzt wurde. In einer großen Kiesgrube sind eine Anzahl vernichteter französischer Flugzeuge zusammengeschleppt. Ebenso kann man in der nächsten Umgebung des Rollfeldes überall zerstörte französische Flugzeuge liegen sehen. Eine Kampfgruppe DO 17 hat hier ihren Einsatzhafen. Führer wie Arbeitsmänner sind voller Stolz über den hiesigen Einsatz. Die Abteilung findet in der Umgebung Unterkunft. Der erste und zweite Zug in einem Landhaus, der dritte Zug in einem Pförtnerhaus eines Schlosses, Kommandierte und Führer sind im Schloss selbst untergebracht. Das Landhaus gehört einem Juden, Dr. Grünspahn, der selbstverständlich nicht mehr anwesend ist. Der war deutscher Emigrant und war Senatspräsident in Danzig. Nun mußte er wieder einmal abrücken. Ob dieser Jude mit dem Mörder des Gesandtschaftsrates Rath zusammenhängt können wir nicht feststellen. Die nächstgrößere Stadt zu unserem Standort ist Pontoise. Nachdem was man dort sieht müssen in Pontise heftige Kämpfe stattgefunden haben. Beide Brücken sind gesprengt. Eine primitive Fähre lässt uns die Oise überqueren. Unsere Aufgabe auf dem Einsatzhafen ist dieselbe wie die letzte. Da wir mit derartigen Arbeiten alle gut vertraut sind, geht es mit Hochdruck ran. Die Maschinen der 7. Staffel stehen noch auf freiem Gelände. Doch am selben Abend sind sie alle in Boxen im Wald verschwunden. Trotz angestrengsteter Arbeit, läßt man sich nicht entgehen, diese „Riesenvögel“ Ehrfurchtsvoll von allen Seiten anzuschauen. Und von den Besatzungen erhalten wir, soweit sie es dürfen, die notwendigen Erklärungen. Die zuerst grob ausgehobenen Boxen werden bald vervollkommned. Mit Riesenrosten werden der Boden und teilweise die Rollstraßen belegt, um ein Einbrechen der Maschinen in den weichen Sandboden zu verhindern. Die Arbeitsmänner sind voller Begeisterung und arbeiten mit Rieseneifer und einer Freude, so das die Boxen bald fertig gestellt sind. Großen Spass haben die Arbeitsmänner bei dem Bau der Deckungsgräben, die bei jeder Box angelegt werden. Einzelne Arbeitsgruppen wetteifern, den schönsten und besten Graben fertigzustellen und die wenigste Zeit dazu zu benötigen. Der Horstkommandant, Fliegendes- und Bodenpersonal haben ihre helle Freude an der Arbeit der Arbeitsmänner. Je ein Preis von 10 Büchsen Fleisch wird von dem Horstkommandanten selbst gestiftet für den schönsten Deckungsgraben und die schönste Boxe. In kürzester Zeit haben wir zu den Offizieren und Mannschaften eine Kameradschaft, wie man sie sich herzlicher nicht denken kann. So ist es der Abteilung möglich, mit Omnibusen der Luftwaffe Zugweise Paris zu besichtigen. Sehen wir doch von hier jeden Tag den Eifelturm und nun kommen wir auch nach Paris selbst. Wer von uns hätte das bei unserer Abfahrt in Beerfelden gedacht? Ein Franzose führt uns. Wir staunen über vieles uns Interessantes Doch schüttelt amn über manches den Kopf. C´est Paris! Ebenso ermöglicht uns die Horstkommandantur den Besuch von Kino und Veranstaltungen der Frontbühnen. Alle nur erdenklichen Annehmlichkeiten werden uns hier geboten. Aus Unterhaltungen mit Piloten erfahren wir für uns viel neues und Interessantes. Unsere Staffel ( für die bauten wir die ersten Boxen) ist die erfolgreichste der Gruppe. Der ehemalige Staffelkapitän und jetzige Gruppenkommandeur, Mayor Lindemeier, trägt das Ritterkreuz. Im Einsatz gegen Frankreich wurde es ihm verliehen. Alle anderen tragen das E.K. I und das E.K. II. In unserer erleben wir Einzeleinsätze gegen England. Wir helfen beim Bombenladen und sehen dabei die „Dinger“ zum ersten mal in friedlicher Form. Wir erleben alle Vorbereitungen zum Start. Bald fühlen wir uns in unzertrennbarer Kameradschaft und Hilfe zu ihnen allen. Was sind es doch alle Prachtkerle! Einfach und bescheiden, doch Draufgänger und Haudegen. Sie erzählen uns von ihren Erlebnissen in Spanien, Polen, Frankreich und nun von den Einzelflügen nach England. Was haben sie doch schon alles erlebt. Ein Flugzeugführer (Feldwebel) erzählt uns von seinen Misshandlungen in französischer Gefangenschaft zu Beginn der Offensive und wie er von unseren Panzern befreit wurde. Kommen wir morgens auf den E-Hafen, so ist der erste Blick in die Boxen, ob alle Maschinen wieder zurück sind. In dieser Zeit werden nur Einzeleinsätze ohne Jagdschutz geflogen, welch ein Heldentum! Als einziger Schutz die Wolken. Und man muss einmal dieses Fluchen hören, wenn eine Maschine von England zurückkommt und konnte wegen ungünstiger Verhältnisse ihr befohlenes Ziel nicht erreichen konnte. So kommen Maschinen mit jeglicher Bombenlast wieder zurück, während die Engländer schon wochenlang in Deutschland nur zivile Ziele angreifen. Welche Großmut des Führers! Am 10. August 1940 überreicht Generaloberst Grauert einer Besatzung das E.K. I. Sie konnte als Einzelmaschine während des Tages einen Flugplatz bei London mit Bomben belegen. Wir alle freuen uns mit Ihnen! Bis jetzt ist noch keine Maschine ausgefallen. Es ist gegen Mitte August. Bei uns gibt es Hochbetrieb. Seit den frühen Morgenstunden werden sämtliche Maschinen klar gemacht. Mit Rieseneifer und einer unbeschreiblichen Begeisterung helfen die Arbeitsmänner beim Bombenladen. Von überall her hört man den Lärm der Motoren. Sie müssen vorgeheizt werden. Die Besatzungen überprüfen die Maschinen und warten auf den Startbefehl. Keine Unruhe, keine Nervosität. Fast lässig wird auf den Startbefehl gewartet. Gegen Abend endlich starten 18 Maschinen der Gruppe. Eine erhebt sich nach der anderen. Schwer beladen mit „Nutzlast“ für den Erzfeind. Zuerst fliegen sie hintereinander, dann sammeln sie sich und schwenken im Verband nochmals über uns hinweg. Alle Maschinen kehren mit stolzem Erfolg vom Einsatz zurück.
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Als wir am nächsten morgen zum Einsatzhafen gelangen, erfahren wir, dass die Maschinen ab 5.00 Uhr zum Einsatz wieder klar sind. „Ob schon der Großeinsatz befohlen ist?“ Da kommt dicker Nebel. Doch am Vormittag hellt es sich auf und bald erhebt sich wieder ein Vogel nach dem anderen. Es sind wiederum 18 Maschinen. Am Nachmittag kehren sie geschlossen zurück. Eine Maschine fehlt. Wir lassen uns erzählen: Trotz stärkster englischer Abwehr und Jäger kommt der Verband zu seinen befohlenen Zielen. In Riesenschwärmen kommen englische Jäger und versuchen, sich in unseren Verband hineinzudrücken. Dabei wird dem „Kurfürst“ von einem englischen Jäger die eine Tragfläche weggerissen und beide stürzen in die Tiefe – braver Kerl! Es war der Oberfeldwebel der von unseren Panzern aus französischer Gefangenschaft befreit wurde. Inzwischen sind die Boxen bei der 7. Staffel bis auf Kleinigkeiten fertiggestellt. Der größte Teil der Arbeitsmänner wird zu denselben Arbeiten bei der 9. Staffel eingesetzt. Am Nachmittag des 20.8.1940 wird die Gesamtgruppe zum Angriff auf London eingesetzt. Schwerbeladen erhebt sich eine Maschine nach der anderen vom Rollfeld. Wie immer erst hintereinander, dann sammeln sie sich und brausen noch einmal geschlossen im Verband ganz niedrig über uns hinweg. „Werden alle zurückkommen?“ Am nächsten Morgen können wir es kaum erwarten, bis wir zum E-Hafen kommen. Von der 7. Und 8. Staffel sind alle Maschinen wieder unversehrt zurück. Doch bei der 9. Staffel sind 7 Boxen leer. Piloten erzählen nun, dass bei der mörderischen englischen Abwehr für die 9. Staffel Tiefangriff befohlen war (der erste geschlossene Tiefangriff in England9. Vier Maschinen, mit ihnen sämtliche Offiziere der Staffel, sind in England geblieben, drei kommen gerade noch über den Kanal und konnten eine Bauchlandung vornehmen. Eine Maschine hatte an den Tragflächen noch Drahtseile. Man glaubt, dass die Engländer gegen Tiefangriffe die Seile auf irgendeine Art in die Luft schießen. Für uns alle ist es ein sonderbares Gefühl, in diesen leeren Boxen zu arbeiten. Am Donnerstag, den 22. August 1940 beginnt der erste Zug einen neuen Einsatz. In Giscore (Normandie) ist ein Betriebsstoff- und Munitionslager in Ordnung zu bringen. Der Transport geschieht mittels Fahrzeugen der Luftwaffe. Giscore sebst ist fast vollständig zerstört. Wie wir erfahren soll diese Stadt mit Bauvais, Troyes und Vitry als Vergeltung für die Beschießung Freiburgs von unserer Luftwaffe zerstört worden sein. Das Betriebsstoff- und Munitionslager liegt in einer alten Festung (9. Jahrhundert) die die Stadt hochüberragt. Die Arbeit macht viel Freude und wird mit Eile vorwärts getrieben. Nach wenigen Tagen sind die einzelnen Stapel Betriebsstoff mit den vorgeschriebenen Abständen in Erdlöchern gelagert. Und mit derselben Eile sind auch bald die einzelnen Munitionsstapel durch Splitterwände (Sandsäcke) gesichert. In "rauhen Mengen“ gibt es hier Trauben, Pfirsiche, Aprikosen und anderes Obst, woran wir uns gütig tun. Fast sind wir „Vegetarier“ geworden. Zur selben Zeit gehen auch die Boxen der 9. Staffel ihrer Fertigstellung entgegen. Die Arbeitsmänner werden zum Aushub von Kabelgräben für die Randbefeuerung des Rollfeldes eingesetzt. Unsere Maschinen starten fast nur noch zu Nachteinsätzen. Zu diesem Zweck werden die „Vögel“ schwarz angestrichen, was den Arbeitsmännern viel Freude bereitet. Am Montag, den 8 September 1940 steht die Abteilung marschbereit. Ungern gehen wir hier weg. Die Fahrt führt über Beauvais, Aumals in Richtung Kanalküste. In Neule – Normandeune bezieht die Abteilung Privatquartiere. Bis zur Kanalküste (Le-Tréport) sind noch 25 km. Das nächstgrößere Städtchen ist Blangy, das vollkommen zerstört ist. Die Landschaft gleicht fast unserem niedrigen Odenwald. Im Tal der Presle befinden sich sumpfige Niederungen, bewachsen mit Pappeln und Erlen. Die Höhen sind teilweise bewaldet (Buschwald). Der Bauer ernährt sich hauptsächlich von der Weidewirtschaft. Der Kalkboden liefert nur spärlichen Ertrag. Diese Gegend zeigt Spuren heftiger Kämpfe. Hier lag unser Südflügel der Einkesselung in Flandern, der den Brückenkopf Abbéville zu sichern hatte. Überall sieht man Munitionskörbe verstreut umherliegen. Hier wurde der große Tankangriff der die französische Nordarmee und die Engländer befreien sollte heldenhaft abgewehrt. Rollenden Festungen gleichen die englischen und französischen Tanks, die von unserer Pak und Flak erledigt wurden. Betrachtet man sich solch einen Koloss näher, so hält man es kaum für möglich, dass er zu erledigen sei. Unsere Munition muss doch schon eine ganz „anständige“ Wirkung haben! Von der Küste her hört man den Donner der Küstenbatterien. Hoch in der Luft sieht man deutsche Aufklärer oder auch Bombenflugzeuge in Richtung England fliegen. Kaum dämmert es, so brummt es ununterbrochen von deutschen Maschinen bis zum frühen Morgen. Es sind unsere Nachtbomber die Gleiches mit Gleichem vergelten. Während unseres Gesamteinsatzes haben wir bis jetzt am Tage noch kein einziges englisches Flugzeug gesehen. Nachts hört man ab und zu das Summen einer englischen Maschine. Unsere Arbeit ist hier wiederum dieselbe wie auf dem letzten Einsatzhafen. Ein, von einer anderen Abteilung begonnener Feldflughafen sollen wir fertigstellen helfen. Außerdem übernimmt unsere Abteilung die Wache über ein Munitions- und Betriebsstofflager. Die Arbeiten sind für uns inzwischen etwas selbstverständliches geworden. Und jeder weiß sofort, wo er anpacken muss. An freien Sonntagnachmittagen fahren unsere LKW´s die Arbeitsmänner abwechselnd nach Le Tréport an die Kanalküste. Welch ein Erlebnis für alle! Bedeutet doch die Küste die eigentliche Front. Viele von ihnen sehen zum ersten mal das Meer. Ein Zug der Abteilung ebnet das Rollfeld ein. Ein zweiter legt Stapelplätze für Betriebsstoff an und der dritte holzt ein Stück Wald ab und stellt englische Beutebaracken als Unterkunft auf. Ohne einmal vorher solch eine Baracke gesehen zu haben, ohne jeden Plan erweist sich Unterfeldmeister Müller als wahrer Meister im Aufstellen dieser Baracken. Am Donnerstag, den 26. September 1940 landet bei uns unerwartet eine DO 17. Mit „Kennerblicken“ wird sie sofort erkannt. Die Besatzungen sind alte Bekannte. Es ist eine Maschine vom E-Hafen Cormeille. Sofort ist die angeregteste Unterhaltung im Gange. Wir erkundigen uns nach den einzelnen Besatzungen der Maschinen und ihrem Erfolg, nach dem und jenem. Zur größten Freude erfahren wir, das die Gruppe aus Cormeille hier einfliegen soll. Nun geht es mit doppeltem Eifer an die fertigstellung. Freitag, den 27. September 1940. Bekanntgabe des Dreimächtepaktes zwischen Deutschland-Italien-Japan. Mitten in der Arbeit erreicht uns am 30. September 1940 der Befehl, dass die Abteilung am nächsten Tage nach Beaumont sur Oise verlegt werden soll. Wiederum Einsatz für die Luftwaffe. Uns zwar sollen wir mit der Abteilung Arheilgen zusammen die Startbahn auf dem ehemaligen französischen Feldflughafen verlängern. Omnibusse bringen uns über Aumale, Bauvain nach Beaumont sur Oise. Wir sind nun wieder bei unserer alten Gruppe 282. Bei Beaumont fanden heftige Kämpfe statt, bis unsere Truppen die Oise überschreiten konnten. Die Brücke war von den Franzosen selbst gesprengt. Wie uns Zivilisten erzählen, in einem Augenblick, in welchem französische Flüchtlinge die Brücke passieren wollten. Ein starker Bunker sollte deren Schutz übernehmen. In den Vorgärten einer kleinen Kirche sehen wir eine französische MG Stellung. – „Frankreich kämpfte zum Schutze der Religion und der Zivilisation“!“ – Die Häuserfronten sind dicht besäht mit M;G Einschlägen, dazu Treffer unserer Artillerie. Zwanzig brave Soldaten eines Infanterie-Regimentes und verschiedene Einzelgräber sind die stummen Zeugen des heiß umkämpften Überganges über die Oise bei Beaumont. Etwas Oise aufwärts ist eine neue Brücke von der Technischen Nothilfe gebaut. Im Hospital in Beaumont bezieht die Abteilung Quartier. Wir sind schwer „erschüttert“ ob solch pompöser Unterkunft. Einzelzimmer mit zwei bis drei Betten, Zentralheizung usw. Der einzige Nachteil sind die vielen, riesigen Fenster wegen der Verdunkelung. Doch auch dem wir bald abgeholfen. Unsere Baustelle liegt etwa 6-6 km von Beaumont entfernt bei Bruyeres. Mit der Abteilung Arheilgen zusammen werden wir eingesetzt. Unsere Aufgabe ist das Einebnen der Startbahn und der Transport des Zements. Gleich haben wir uns in unsere neue Aufgabe eingefunden. Wir übernehmen zunächst den Zementtransport (60 Waggon). Während die andere Abteilung mit dem Einebnen beginnt. Fahrzeuge haben wir keine und so müssen die Bauern der umliegenden Dörfer der Transport übernehmen. In drei Tagen ist der Zement an seinem Bestimmungsort gelagert. Und nun müssen die Franzosen die Erde mit ihren Fahrzeugen wegbringen. Führer und Männer verstehen bald die Franzosen zu dirigieren und „reden perfekt auswärts“, wobei die unmöglichsten Sätze konstruiert werden. Wir alle haben viel Spaß dabei. Und die Hauptsache: Die Franzosen „verstehen“ uns alle! In der selben Zeit stellt der dritte Zug wieder Baracken auf, die für eine Funkstation benötigt werden. Jeden Tag neue Parolen über unsere Heimfahrt zum Standort. In der Champagne und nun zum dritten Male hier, erzählt man uns von der Rückführung. Wir glauben jedoch nur prinzipiell das, was wir wirklich sehen! Doch die Stimmen werden immer lauter. Am Samstag, den 12. Oktober 1940 wird die Baustellenarbeit eingestellt. Ein Baubattalion soll unsere Arbeit fortsetzen. Sonntag, den 13. Oktober 1940 Der Abmarschbefehl ist da! Wie freuen sich Männer und Führer nach fünfmonatlichem Einsatz in Holland, Belgien und Frankreich, endlich wieder nach Hause zu kommen! Und doch empfindet es jeder gleichzeitig eigenartig, in der Zeit nach Hause zu kommen, in welcher der Großeinsatz gegen England erst vorbereitet wird. Gegen 17.00 Uhr verabschiedet der Gruppenführer, Arbeitsführer Reuter, die Abteilung Arheilgen (einquartiert in Pérsan) und die unsrige im Hofe unserer Unterkunft. In seiner Ansprache freut sich der Gruppenführer hauptsächlich über unseren Einsatz während der Offensive, der für uns alle der schönste bleiben wird. Er dankte Führern und Arbeitsmännern nochmals für den Fleiss, Eifer und vor allem für die Begeisterung, die die fast unmenschlichen Leistungen ermöglichte.
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Anschließend sitzen der Gruppenstab und die Führer beider Abteilungen noch in lustiger Unterhaltung bei einer „anständigen“ Tasse Kaffee zusammen. Am selben Tage werden noch die nötigen Vorbereitungen für das Verladen der Abteilungen getroffen. Verladebahnhof ist Pérsan das auf der anderen Seite der Oise liegt. Montag, den 14. Oktober 1940 „Parole heißt Heimat“ Seit Hellwerden wimmelt es in der Unterkunft wie in einem Ameisenhaufen. Es wird gepackt. Die Unterkunft wird in ordnungsgemäßen Zustand gebracht und der Ortskommandantur übergeben. Unsere LKW´s bringen die Kisten (Kammerbestände, Lebensmittel usw.) zum Verladebahnhof. Dann wird das Marschgepäck und der Anzug nochmals nachgesehen. Zum letzten Mal noch einen dampfenden „Schlag“ aus der „Gulaschkanone“. Sie bleibt nebst Arbeitsgeräten, Gewehren usw. in Frankreich, für die ablösenden Abteilungen. Ein schriller pfiff des T.v.D.: „Fertigmachen zum Abmarsch!“ Überall strahlende Gesichter – Heim zu Muttern“ Also doch….! Gegen 13 Uhr marschiert die Abteilung von Beaumont zum Bahnhof Pérsan. „Wir ziehen ins Hessenland…“ singt ein jeder, so laut wie er selten gesungen hat. Endlich……! Am Bahnhof hat sich bereits der Gruppenstab zum letzten Abschied eingfunden. Unser Abschnittsführer, Generalarbeitsführer von Wenkstern, wird erwartet, der uns in die Heimat verabschieden will. Marschgepäck und Mantel werden in die einzelnen Abteile gebracht. Im Karrée warten beide Abteilungen auf den Generalarbeitsführer. Es wird immer später, doch niemand kommt. Gegen 15.00 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung ohne Verabschiedung. Die Abteilung Rothenburg wurde inzwischen angehängt. Endlich fährt unser Zug! Eigenartig sind doch die Gefühle bei der Abfahrt. Stolz sind wir alle und voll Freude, nach Hause zu kommen. Dürfen doch auch wir mit Genugtuung sagen: „Wir durften auch an dem überwältigenden Sieg über Frankreich mithelfen!“ Und das gerade macht uns alle so unbändig Stolz. Ja, wir waren sogar bei dem Einsatze unserer Luftwaffe gegen den Erbfeind England tätig. Doch gleichzeitig wissen wir, dass er noch nicht am Boden liegt. Wer weiss?! Vielleicht dürfen wir mit unserem neuen Ersatz wieder mit dabei sein! In Crail trifft zu uns die Abteilung Königstein, die ebenfalls mit uns zurückgeführt wird. Unser Abschnittsführer, Generalarbeitsführer von Wenkstern hat sich hier eingefunden und überreicht den Abteilungsführern das Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern II. Klasse. Von da geht unsere Fahrt über Laon und als wir gegen Morgen aufwachen sind wir in Brüssel. Wer hätte dies damals bei unserem ersten Aufenthalt in Brüssel geglaubt, dass wir heute wieder nch Hause kommen? „Und was wir alles in dieser Zeit erleben durften!“ Wir können uns noch immer keine genaue Vorstellung von unserer Heimfahrt machen. Gegen Mittag sind wir in Antwerpen. „Wie soll es eigentlich noch weitergehen? Ob man uns noch einmal Gelegenheit geben will, Belgien und Holland richtig zu sehen?“ Bald passieren wir die belgisch-holländische Grenze. In Hinsicht auf Sauberkeit sieht man hier den Unterschied wie zwischen Tag und Nacht. Und wäre hier keine sichtliche Grenze festgelegt, hätte man es auch gemerkt. In Rosendal werden wir vom deutschen Roten Kreuz verpflegt. Hier erfahren wir, dass unser nächstes Ziel Rotterdam sei. Nun wissen wir überhaupt nicht mehr, wie sich unsere Heimfahrt noch gestalten soll. Anstatt nach Osten, fahren wir fortwährend nach Norden. Doch dies wird wohl seinen Grund haben. Alles freut sich Holland einmal richtig kennenzulernen. Genau wie damals in Maastricht, staunen wir alle über die holländische Sauberkeit und Ordnung. Hioer sehen wir nun das Holland, wie wir es seither nur von Bildern kannten. Ewig, weites Flachland, vollkommen durchzogen von großen und kleinen Kanälen. Sie sind die Straßen in Holland. Aller Verkehr spielt sich auf ihnen ab. Äußerst malerisch wirken die ganz plumpen Frachtkähne, mit ihren geflickten, bunten Segeln, die sich ganz träge fortbewegen. Als natürliche Kulisse: Windmühlen, Weidenbäume, fette und saftige Wiesen auf denen gutgenährtes Niederungsvieh und ganz schwere Pferde weiden. Holländische Bauernhäuser aus rotem Klinker, weißgefugt und bisweilen mit Stroh bedeckt. Holländer in ihrer Tracht mit den blankgescheuerten oder auch buntbemalten Holzschuhen. Und überall dem wölbt sich ein hoher, tiefblauer Himmel. Man glaubt in einer Gemäldegalerie einherzugehen, in der Landschaftsbilder alter niederländischer Meister aufgehängt sind. Kaum zu überblickende Gärtnereien versetzen uns in erstaunen.
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Riesenbrücken überspannen die Rheinarme, die eine ungeheure Breite besitzen. Wir sehen weitausgedehnte Hafenanlagen mit Hebekrans und Speicher. Dann sind wir mitten in Rotterdam. Über eine lange Brücke fahren wir durch das, was ehedem das Zentrum von Rotterdam war. Auf einem Riesenkomplex steht kein Stein mehr auf dem andern. Nach vergeblicher Aufforderung zur Kapitulation, wurde es zwanzig Minuten lang von unserer Luftwaffe bombardiert. „An dem, was wir hier sehen, kann man ahnen, wie es in vielen Städten in England bereits aussehen muss.“ Gegen Abend sind wir in Utrecht, wo uns das deutsche Rote Kreuz köstlich verpflegt. Hier erzählt man uns, das unser Kurs endlich in Richtung deutsche Grenze geht. Mitten in der Nacht hält der zug. Schlaftrunken hören wir nur deutsch sprechen. Wir sind in Deutschland! Nach fünf Monaten wieder deutschen Boden unter den Füssen. Jeder stampft einmal ganz feste mit beiden Füssen auf. Wir sind in dem Grenzstädtchen Bendheim. Auch hier erhalten wir wieder warme Verpflegung von unserem Roten Kreuz. Schwestern „pirschen“ sich an uns heran wegen des Bohnenkaffees. Uns kommt es auf ein bisschen nicht an und sie freuen sich riesig darüber. In der Morgendämmerung des 16. Oktober 1940 treffen wir in Münster/Westf. Ein. Ein Telegramm an das Wachkommando meldet unser kommen. Über Hagen, Siegen, Dillenburg wird die Fahrt fortgesetzt. Hier verlassen uns die Abteilungen Königstein und Rothenburg, die eine andere Strecke fahren. Und nun rollen die Abteilung Arheilgen und wir dieselbe Strecke zurück, die wir zum Einsatz fuhren. Immer näjer rückt unser Standort Beerfelden! Es wird schon dunkel, als wir durch Frankfurt/M. fahren. Ein unglaublicher Jubel herrscht bei unseren „alten Kriegern“, die zum grösstenteil aus Frankfurt/M. und Umgebung sind. In Neu-Isenburg wird die Lokomotive gewechselt. Führer wie Arbeitsmänner werden ungeduldig. „Ob wir es heute Abend noch schaffen?“ Endlich wird die Fahrt fortgesetzt. In Arheilgen verlässt uns die andere Abteilung, die nun ihren Standort erreicht hat. „Was nun mit uns?“ Der eine Beamte erzählt uns, wir kämen heute Abend noch nach Beerfelden. Ein anderer meint erst am nächsten Nachmittag. Und nun die Tatsache: Von Arheilgen fahren wir nach Kranichstein b. Darmstadt. Kurz nach 4.00 Uhr nach Babenhausen. Ankunft in Beerfelden 14.30 Uhr Endlich Beerfelden! Worte für dieses Wiedersehen gibt es keine. Bürgermeister, Ortsgruppenleiter, die Zivilbevölkerung, HJ und BDM überbringen uns am Bahnhof die ersten Willkommensgrüße. Der Gruppenführer von Worms Arbeitsführer Schweitzer begrüßt uns bereits in Hetzbach. Ganz Beerfelden ist beflaggt. Der Blumenregen will auf unserem Wege zur Abteilung kein Ende nehmen. Wir können es kaum fassen, wie uns ist. Nach kurzen Worten des Dankes an die Führer und Arbeitsmänner durch den Abteilungsführer, Oberstfeldmeister Ebert, tritt die Abteilung weg. In einem unbeschreiblichen Freudengeheul stürmt jeder auf seine Stube, auf seinen Trupp. Hatte man sich draussen solange im Einsatz nur einmal wieder in die Abteilung zurückgesehnt. Und nun ist der Traum Wirklichkeit. Am Abend Standorturlaub. Was werden wohl die im „Pulverdampf ergrauten Krieger“ zu erzählen wissen? Am nächsten Tage werden die B und A Stücke in Ordnung gebracht und bis auf den Marschanzug abgegeben. Am Spätnachmittag „steigt“ der allerletzte Ordnungsdienst. Den morgigen Vorbeimarsch vor unserem Arbeitsgauführer, Generalarbeitsführer Faatz, wollen wir uns doch nicht nehmen lassen. Und so wird noch einmal feste „gebimst“, hatten wir doch im Einsatz kaum Zeit zur Ausbildung. Unter keinen Umständen wollen wir unangenehm auffallen. Das ist der Ehrgeiz eines jeden. Die Empfangs- und Entlassungsfeiern schildern folgende Zeitungsausschnitte:
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Artikel aus der Starkenburger Presse
Festlicher Einzug der Beerfelder Garnison Beerfelden, den 18. Oktober 1940 Die reichliche Beflaggung in den gestrigen Vormittagsstunden ließ erkennen, dass für unser Städtchen ein besonderes Ereignis bevorstand. Und wer es nicht wüsste, der konnte allenthalben bald erfahren: unsere Arbeitsmänner kommen aus Frankreich zurück. Nach kurzer Ausbildung waren sie vor etwa 5 Monaten nach dem Westen abgerückt und haben dort mit Begeisterung ihren Teil dazu beigetragen, Frankreichs Niederlage zu besiegeln. Alle die ausgerückt waren, konnten gesund und munter wieder zurückkehren und ihr wackerer Einsatz rechtfertigte auch einen festlichen Empfang in ihrer „Garnisonsstadt“ Geschäftig sah man auch die Jugend wie sie in den Vormittagsstunden überall Blumen zur Begrüßung einholte. Wer es sich irgend ermöglichen konnte, fand sich in der Durchgangsstraße ein. Endlich um 2 Uhr traf dann die Abteilung mit ihrem Führer, Oberstfeldmeister Ebert, am Bahnhof ein und wurde dort von dem stellvertretenden Ortgruppenleiter, Pg. Sattler, sowie Bürgermeister Löb begrüßt. zwei Jungmädel brachten der Abteilung Blumen zum Empfang. Mit schneidigem Marschgesang, den wir Beerfelder so lange missen mussten, zogen die Männer des Spatens durch das Städtchen, und ihnen wurde ein begeisterter Empfang zuteil. Pimpfe und Jungmädel bereiteten ihnen einen wahren Blumenregen. Am Samstag Mittag um 11.30 Uhr wird die offizielle Begrüßungsfeier am Arbeitslager stattfinden. Aus diesem Anlass ist für den morgigen Samstag nochmals Beflaggung der Stadt angeordnet. Zu dieser Feier ist die gesamte Bevölkerung herzlich eingeladen. Auch die Partei und ihre Gliederungen nehmen daran teil und treten um 11 Uhr am Metzkeil an. Der Generalarbeitsführer sowie der Kreisleiter haben ebenfalls ihr Erscheinen zugesagt. Der Gaumusikzug des RAD wirkt bei der Veranstaltung mit.
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Artikel aus der Hessischen Landeszeitung
Empfangsfeier für die Beerfelder Arbeitsdienstabteilung Die wackeren Männer der RAD-Abteilung K 9/254 aus Feindesland zurück Beerfelden, den 19. Oktober 1940 Nachdem Beerfelden am Donnerstag Nachmittag seine „Garnison“ mit großem Jubel und einem wahren Blumenregen empfangen hatte, fand nun heute die offizielle Begrüßungsfeier der RAD-Abteilung K 9/254 statt. Das Städtchen hatte schon am frühen Morgen sein Festtagskleid angelegt, und gar mancher beeilte sich mit seiner Arbeit, um rechtzeitig an der Feier teilnehmen zu können. Neben zahlreichen Zuschauern hatte sich auch eine stattliche Ehrenabteilung der Partei und ihrer Gliederungen auf dem Antreteplatz des so idyllisch gelegenen Arbeitsdienstlagers eingefunden, wo die Arbeitsmänner vor der mit einer Spaten- und Gewehrpyramide flankierten Ehrentribüne Aufstellung genommen hatten. Unter den Ehrengästen bemerkte man neben dem Kreisleiter Schwinn mit seiner Begleitung, Ortsgruppenleiter Michel, die Gaufrauenschaftsleiterin Westernacher, der Kreishandwerksmeister Schrott, den Kreisjägermeister Westernacher, Regierungsrat Bornscheuer als Vertreter des Landratsamtes Erbach und Bürgermeister Löb. Nach dem schneidigen Einmarsch der Fahnengruppe erklang die Meldung des Abteilungschefs, Oberstfeldmeister Ebert, an den Arbeitsführer Schweitzer die Arbeitsdienstabteilung K 9/254 aus Feindesland zurück! Unter den Marschklängen des RAD-Gaumusikzuges, Stabführung Musikzugführer Wallasch, traf in Vertretung des verhinderten Generalarbeitsführers Faatz Oberarbeitsführer Nickel ein und schritt die Front der Abteilung ab. In seiner nun folgenden Ansprache überbrachte er die Grüsse des Generalarbeitsführers, dessen persönlicher Wunsch es war, selbst zu den angetretenen Arbeitsmännern zu sprechen, der aber leider dienstlich an seinem Kommen verhindert war. Fünf Monate, so führte der Redner etwas weiter aus, habt ihr, liebe Arbeitsmänner mit Stolz und freudiger Einsatzbereitschaft vor dem Feind eure Pflicht getan, was uns ganz besonders freut. Wir sind stolz darauf, dass ihr das beim Arbeitsdienst gelernte draussen im Feindesland durch die Tat beweisen konntet und diese stolze Freude hat auch die Beerfelder Bevölkerung durch ihren überaus herzlichen Empfang euch gegenüber zum Ausdruck gebracht. Dieser Tatsache wollen wir gerne in dankbarer Erinnerung behalten. Wenn ihr nun über kurz oder lang eure Uniform mit dem grauen Ehrenrock des deutschen Soldaten vertauscht so lasst euch auch da stets die Ehrentugenden des RAD Richtschnur sein, die da heissen: Treue, Gehorsam, Kameradschaft! Bei uns seit ihr ganze Männer geworden, bleibt es nun auch als tapfere Soldaten, und ihr werdet euch dann später auch als lebendige Glieder in die Volksgemeinschaft einreihen können. Im Auftrag des Generalarbeitsführers wünsche ich euch für die Zukunft alles Gute und hoffe, dass ihr nach der Niederringung unseres letzten Gegners gesund in die Heimat zurückkehren möget! Im Namen der NSDAP, insbesondere des Kreises Odenwald begrüßte nun Kreisleiter Schwinn die Männer des Spatens. Wen wir in der Heimat durch den Rundfunk und die Presse von eurem Einsatz erfuhren, so waren wir alle stolz auf euch, weil ihr die Erwartungen, die man in euch setzte, erfüllt habt. Wie konnte es den auch anders sein, ist doch der Arbeitsdienst ein Produkt unserer Nationalsozialistischen Revolution. In Frieden wie im Krieg hat sich der RAD voll bewährt, und darauf dürft ihr alle stolz sein. Zeigt euch auch weiterhin so tapfer in eurem Dienst für Führer, Volk und Vaterland! Die Grüße und Glückwünsche der Stadt Beerfelden brachte Bürgermeister Löb zum Ausdruck, indem er gleichzeitig den Arbeitsmännern die Gastfreundschaft der Stadt für die restlichen Tage ihres Hierseins entbot. Insbesondere hob er die gute Zusammenarbeit der Stadtverwaltung mit der Führerschaft der Beerfelder RAD-Abteilung hervor, die auch in Zukunft so bleiben möge.Für die Abteilung ergriff Oberstfeldmeister Ebert das Wort, der vor allem für Lobesworte der Vorredner dankte und seine Freude zum Ausdruck brachte, dass es sich seine vorgesetzte Dienststelle ermöglichte zu dieser Feier zu erscheinen. Im weiteren Verlauf seiner interessanten Ausführungen gab er ein Bild über die Art des Einsatzes seiner Männer im Feindesland, die erst sieben Tage im Beerfelder Lager waren, als der Einsatzbefehl eintraf. An Hand eines kurzen Ausschnittes aus dem Kriegstagebuch der Abteilung, den der Redner verlas, konnten die Gäste der Feierstunde ersehen, dass der Dienst in Frankreich äußerst hart und gefahrenreich war, und dennoch waren die Arbeitsmänner stets freudig bei der Sache, wie Pg. Ebert versicherte, denn Begeisterung und harter Wille machte ihnen immer wieder das Unmögliche möglich. Zum Schluss dankte der Abteilungschef der Bevölkerung für den überaus schönen Empfang und versicherte, dass die RAD-Abteilung stets bemüht sein werde, die Liebe, die man ihr entgegenbringe, in dem gleichen Masse zu erwiedern. Das Sieg-Heil des Kreisleiters auf den Führer wurde von allen Anwesenden begeistert aufgenommen und die Lieder der Nation beendeten die eindrucksvolle Feier. Um 1 Uhr schloss sich noch ein zackiger Vorbeimarsch der Abteilung an ihrem Oberarbeitsführer vor dem Amtsgericht an. Musikzugführer Wallasche freute am Nachmittag noch die Bevölkerung durch ein Platzkonzert auf dem Metzkeil.
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Turnusgemäß wir die Abteilung am 1. November 1940 wieder mit neuen Arbeitsmännern belegt. Es ist der Winterjahrgang der vom 1. Dezember 1940 bis zum 30. Januar 1941 seinen Dienst versehen soll. Aus dem Großraum Frankfurt, Friedberg, Hanau und Aschaffenburg treffen 178 Arbeitsmänner zur Ausbildung ein. Sie werden am 15.11. durch den Leiter der Abteilung vereidigt. Die durch den Einsatz im Westen stillgelegten Bauprojekte werden ab dem 27.11. wieder in Angriff genommen. Es wird wieder ein geregelter Baustellendienst aufgenommen und, trotz des bevorstehenden Winters, die Entwässerungsarbeiten bei Hetzbach wieder aufgenommen. Wegen der schlechten Witterung tauschen sich im täglichen Wechsel jeweils zwei Züge auf der Baustelle ab. Es wird nur jeweils Halbtags gearbeitet und der Rest des Tages mit Ausbildung, Pflege und Unterricht ausgefüllt. Um die Bauvorhaben möglichst schnell abzuschließen werden der Abteilung weitere Hauptberufliche Fachleute und Unterfeldmeister zugeordnet. Trotz aller Bemühungen müssen ab dem 8. Dezember die Arbeiten wegen Schneefall und strengem Frost bis auf weiteres eingestellt werden. Wegen des strengen Winters findet nun ein Großteil der Ausbildung im Tagesraum des Lagers statt und der politische Unterricht nimmt einen größeren Raum ein. Hierzu treffen nun öfters Referenten wie der Leiter des Arbeitsgaus XXV, Hessen-Süd, Generalarbeitsführer Faatz in Beerfelden ein. Zu dieser Zeit werden auch die ersten Führungskräfte des Stammpersonals für den Wehrdienst an die Wehrmacht überstellt. Weihnachtsfeiern und eine Feierstunde zum neuen Jahr lockern den Dienst zu jener Zeit etwas auf. Anfang Januar wir auf Bitte der Stadt und des Kreises die Abteilung zum Schneeräumen eingesetzt. Aufgrund sehr starker Schneefälle wir die Straße nach Hesselbach, das von der Außenwelt abgeschnitten ist, freigeräumt. Ohne größere Arbeiten erledigt zu haben wird der Winterjahrgang Ende Januar entlassen. Der Sommerjahrgang 1941 nimmt nach einer kurzen Grundausbildung Mitte Februar die Arbeiten in Hetzbach wieder auf. Im März verdichten sich die Gerüchte das ein neuer Einsatz für die Luftwaffe bevorsteht. Der Leiter der Abteilung Ebert beginnt umgehend, basierend auf seinen Erfahrungen im Westfeldzug, die Männer vorzubereiten und die benötigte Ausrüstung bereitzustellen. Am 29.3.1941 kommt der Marschbefehl für die Gruppe 254, aber nur die Abteilungen Auerbach, Alsbach und Büttelborn werden nach Ostpreußen in Marsch gesetzt um für die Luftwaffe zu arbeiten, es sind die ersten Vorboten des bevorstehenden Russlandfeldzugs. Um die Wartezeit sinnvoll zu überbrücken plant Ebert verschiedene kleinere Arbeiten in der Umgebung zu erledigen. Größere Bauvorhaben sollen auf Weisung in der nächsten Zeit nicht mehr begonnen werden. Aber alles kam anders: zuerst wird das Lager wegen eines Scharlachausbruchs gesperrt und als dieser überwunden ist folgte im Anschluss daran eine weitere Sperre wegen Diphterie. Die meiste Zeit durfte überhaupt kein Dienst geleistet werden. Erst Mitte April kann wieder ein geregelter Dienst aufgenommen werden. Als am 6. April der Balkanfeldzug beginnt hofft man wieder für die Luftwaffe tätig werden zu können und bereitet erneut alles für einen Einsatz vor. Doch wie schon Wochen vorher bricht wieder Scharlach aus und legt das Lager bis zum Monatsende lahm. Durch die vielen krankheitsbedingten Unterbrechungen hatte selbstverständlich die Ausbildung sehr zu leiden. Der körperliche und auch geistige Zustand der Mannschaft war sehr schlecht. Die wenigen gesunden Arbeitsmänner hatten in der Zwischenzeit damit begonnen Luftschutzgräben in und um das Lager anzulegen die wegen der steigenden Luftgefahr angeordnet wurden. Für diese Gräben wurde selbst das Holz von der Abteilung in den Wäldern um Beerfelden geschlagen und für die Befestigungen verwand. Nur mit Mühe konnten diese Arbeiten abgeschlossen werden da in den folgenden Wochen immer wieder Scharlach und Diphterie wüteten und das Lager gesperrt und der Dienstbetrieb eingestellt werden musste. Sanitätern und Ärzten war es ein Rätsel, waren doch alle zu Dienstbeginn geimpft worden. Trotz allem konnte in dieser Zeit auch noch der Weg zum Haupteingang fertiggestellt werden. Aber auch Hilfeleistungen wie etwa bei einem Waldbrand bei Hetzbach am 14. Mai konnte geholfen werden. Wieder einmal wird die Abteilung für den Kriegseinsatz mobilisiert, am 20.5. wird aus Wiesbaden durch die Arbeitsgauleitung befohlen die Abteilung marschbereit zu machen und ständig mit einer Abkommandierung zu rechnen. Aber als kein Befehl kam wurde vom 7.6. bis zum 8.7. im Gemeindewald beim Rindenschälen geholfen. Zur gleichen Zeit sind 3 Baukommandos in Auerbach, Alsbach und Büttelborn zum Barackenaufbau eingesetzt. Mit Beginn es Russlandfeldzuges am 22. Juni ist die Abteilung immer noch wegen gesundheitlicher Probleme gesperrt und wird nicht, wie ursprünglich geplant, bei der Luftwaffe eingesetzt.
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Unternehmen Barbarossa Feldzug gegen Russland
Beginn des Einsatzes Anfang Juli 1941 / Unterstützung der Heeresgruppe Mitte / Ende Einsatz November 1941Lutflotte II
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Leider sind ab hier die schriftlichen Überlieferungen nur noch spärlich vorhanden und nicht alle Bilder beschriftet.
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Ende Juni kommt der Einsatzbefehl als Unterstützungseinheit an der Ostfront tätig zu werden. Die Abteilung wird im Gegensatz zu ihrem Einsatz im Westen nun vollständig militärisch ausgerüstet. Trotz fehlender oder ungenügender Ausbildung werden die Arbeitsmänner mit Karabinern und einzelne Trupps mit Maschinengewehren MG 34 ausgerüstet. Die Führer erhalten Maschinenpistolen vom Typ MP 40. Auch sind nun Motorräder und leichte LKW im Bestand und die Arbeitsmänner müssen in kürzester Zeit damit vertraut gemacht werden.
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Am 19.September 1941 kam der Arbeitsmann Josef Weirich aus Bruschied im Hunsrück bei einem Verkehrsunfall mit einem PKW der Luftwaffe ums Leben.
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Tagesbefehl des Höheren RAD Führers Nr. 11 14. November 1941
Anläßlich der Beendigung des RAD-Einsatzes im Luftgau II hat der kommandierende General und Befehlshaber im Luftgau II, General der Flieger Bieneck, am 13.11.1941 nachstehenden Tagesbefehl erlassen: „In diesen Tagen scheiden die Einheiten des Höheren RAD-Führers L XII aus dem Befehlsbereich des Luftgaukommandos II aus, um als Soldaten weiter ihre Pflicht zu tun. In Unermüdlicher Arbeit haben sich Führer und Arbeitsmänner während der Vorbereitung und Durchführung des Ostfeldzuges eingesetzt. In 6.400.000 Arbeitsstunden wurden Flugplätze und Straßen angelegt oder ausgebessert. Ich spreche dafür den Führern und Arbeitsmännern meine vollste Anerkennung und meinen Dank für die stets gezeigte Einsatzfreudigkeit auch unter schwierigsten Verhältnissen aus. Unsere kameradschaftlichen Wünsche begleiten sie zum neuen Einsatz für Führer und Reich
Ich freue mich, diese anerkennenden und dankenden Worte des Befehlshabers weitergeben und meinen Dank und meine Anerkennung anschließen zu können. Führer und Arbeitsmänner dürfen mit besonderem Stolz auf ihren Einsatz blicken, der für uns alle schwierigste Anforderungen und Verhältnisse brachte und höchste Bewährung verlangte. Aber weder die fehlende Motorisierung, Tücke der russischen Straße, die Hitze und der Staub des Sommers, Nässe und Krankheiten des Herbstes noch die Kälte des Winters konnten uns hindern, mit den Truppen des Luftgaues II Schritt zu halten und stets dort rechtzeitig zur Stelle zu sein, wo unser Einsatz erforderlich war, so schufen wir – um nur einige Ergebnisse zu nennen: über 300.00 m² Startbahnen über 100 km Straßen über 50 km Kabelgräben über 250.000 Rollstraßen und dies vielfach unter ständiger Feindeinwirkung. Diese Leistungen wurden erzielt durch harten und freudigen Einsatz von Führer und Arbeitsmann, hinter dem der Wille stand, mit allen Kräften mitzuhelfen im Kampf um Deutschlands Zukunft. Sie wurden aber genauso ermöglicht durch das Vertrauen und die Fürsorge des Befehlshabers, die uns von Beginn des Einsatzes an begleiteten und durch das kameradschaftliche Verständnis und die kameradschaftliche Unterstützung, die alle Angehörigen des Luftgaues II uns stets erwiesen. Unser besonderes Gedenken und unser besonderer Dank gilt den Kameraden, die nicht mit uns zurückkehren können. Ihr Heldentod für Führer und Reich soll uns anspornen, auch in Zukunft mit aller Kraft für unser Volk zu arbeiten. Zum äußeren Beweis dieses besonderen Gedenkens haben die Einheiten unter dem Leitwort „Dankopfer zur Erinnerung an die im Einsatz gefallenen Kameraden“ für das Kriegswinterhilfswerk gesammelt. Auf das Ergebnis dürfen wir stolz sein, es beträgt 144.145,37 RM Ich entlasse die Einheiten mit herzlichsten Wünschen für jeden Führer und Arbeitsmann. Es lebe der Führer! Gez. Band
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Tagesbefehl des Höheren RAD Führers Nr. 13 24. November 1941
Im Anschluß an meinen Tagesbefehl Nr. 11 gebe ich ein an mich gerichtetes Schreiben des Chefs der Luftflotte II, Generalfeldmarschall Kesselring, bekannt.
„Der Chef der Luftflotte II“ Gefechtsstand, den 19. XI. 1941
An Herrn Generalarbeitsführer Dipl.-Ing. Victor Band In diesen Tagen werden die Verbände des Höheren RAD-Führers L XII in die Heimat abgefertigt. Sie verlassen damit meinen Befehlsbereich. Meine Wünsche für die Zukunft begleiten jeden einzelnen Führer und Arbeitsmann umso mehr, als ich in der Vorbereitung und Durchführung des russischen Feldzuges bis zum heutigen Tag Höchstleistungen des Reichsarbeitsdienstes sehe und mich an seiner einwandfreien Haltung stets erfreuen konnte. Die Verbände des Höheren RAD-Führers L XII können mit Berechtigung stolz auf die vergangenen Monate zurückblicken! Was sie in ununterbrochenem Einsatz im Generalgouvernement und russischem Raum, bei Staub und Hitze, Regen, Schnee und Frost geleistet haben, geht weit über das hinaus, was bisher in meinem Bereich an anderen Fronten geleistet werden mußte. In dieser Haltung der RAD-Männer kommt die Erziehungsarbeit der Führer zum beredeten Ausdruck. Die jungen Männer waren Soldaten im wahrsten Sinne des Wortes, sie haben bei ihrer verlängerten Arbeitsdienstzeit eine tiefgründige Vorbereitung für den Dienst in der Wehrmacht erhalten. Viele standen im feindlichen Feuer, viele andere mussten sich gegen Partisanen wehren, andere wieder hatten ihre Arbeit bei mangelhafter Unterkunft und Verpflegung und beim Fehlen der Winterausrüstung zu verrichten. In allen diesen Lagen blieben sie das, wozu sie erzogen waren: Soldaten des RAD! Dieses festzustellen und dafür allen Führern und Arbeitsmännern meines Befehlsbereiches meinen besonderen Dank und Anerkennung auszusprechen, ist mir innere Verpflichtung. Gez. Kesselring Generalfeldmarschall
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Wird fortgesetzt
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