Sammlung Peter Merschroth

Die Entstehung der Einheit

Die  Abteilung 254/8 entstammt aus einer ursprünglichen Gruppe des Freiwilligen Arbeitsdienstes die seit Januar 1932 ihren Sitz in Bochum hatte. Zu welchem Zeitpunkt die Abteilung ihre spätere Bezeichnung und ihren Ehrennamen bekam ist leider nicht mehr nachvollziehbar. Untergebracht waren die Arbeitsmänner in einer stillgelegten Schachtanlage in Bochum/Stiepel, unmittelbar an der Ruhr, die vermutlich in einem sehr schlechten Zustand war und nur mit Mühe hergerichtet werden konnte. Diese, mehr als improvisierten, Unterbringungen führten später im Arbeitsgau Hessen-Süd zur  Einführung und Fertigung der vorgefertigten Holzlager um wenigstens ein Minimum an Wohnqualität zu erhalten. Überliefert ist das Franz Schreyer in der dortigen Schmiede Reparaturarbeiten ausführte und ein Großteil der benötigten Werkzeuge aus seinem persönlichen Besitz stammten die er der Organisation zur Verfügung stellte da zur damaligen Zeit ein großer Mangel an Werkzeug und Material herrschte. Auch der Tagesablauf ist überliefert: 5 Uhr Wecken, anschließend Frühstück, Bettenmachen und Flaggenparade. Um 7 Uhr Abmarsch zu den Arbeitsstätten, gearbeitet wird, mit kurzen Unterbrechungen, bis 15 Uhr. Anschließend gab es eine warme Mahlzeit und eine Einstündige Bettruhe bevor es mit Sport weiterging. Ballspiel, Geländemärsche und Leichtathletik standen auf dem Programm. Ordnungsübungen und politischer Unterricht schließen sich bis zum Abendessen um 19 Uhr an. Den dienstlichen Teil des Tages beschließt ein gemeinsamer Abendappell. Arbeitstechnisch waren die Aufgaben besonders im Landwirtschaftlichen und Landschaftsbaubereich angesiedelt. Aber auch Arbeiten an dem Ehrenmal für die Gefallenen der Freikorps bei den Ruhrkämpfen im Jahre 1920 im Essener Stadtteil Horst standen auf dem Plan. Da bei diesen Ausschachtungsarbeiten Frühgeschichtliche Funde gemacht wurden beteiligte sich der RAD unter Anleitung von Archäologen an den weiteren Ausgrabungen.

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Die Schachtanlage Gibraltar

1925 wurde die Schachtanlage Gibraltar stillgelegt. Sieben Jahre später, auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, nahm der rechtsgerichtete Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten die leerstehenden Betriebsgebäude in Besitz und benannte sie nach Karl Duesterberg, dem Reichsvorsitzenden des Stahlhelm. In einem Teil des Gebäudekomplexes wurde ein Arbeitsdienstlager des freiwilligen Arbeitsdienstes eingerichtet, in dem Arbeitslose mit Notstandsarbeiten beschäftigt wurden. Seit dem 8. März 1933 befand sich im "Duesterberg-Haus" ein Führerschulungslager des freiwilligen Arbeitsdienstes. Der westliche Gebäudekomplex wurde Anfang 1933 von der Bochumer SA-Standarte in Besitz genommen.  Zahlreiche politische Gegner wurden auf Gibraltar misshandelt, zur Zwangsarbeit verpflichtet und von der SA über Monate hinweg rechtswidrig auf dem ehemaligen Zechengelände gefangen gehalten: Gibraltar war zu einem frühen "wilden" Konzentrationslager geworden, das erst aufgelöst wurde, als mit Esterwegen, Dachau und anderen Lagern das KZ-System institutionalisiert wurde.  Parallel zu dem "wilden" Konzentrationslager eröffnete die Bochumer SA-Standarte im Juni 1933 eine Führerschule auf Gibraltar. Politische Gegner, zum Beispiel Gewerkschafter und Sozialdemokraten, wurden teilweise monatelang auf dem Gelände der Zeche Gibraltar gefangengehalten und gefoltert. Hans Mugrauer (1899-1975), ein Bergmann und Gewerkschaftssekretär, berichtete: “Wem die Nazis ganz übel mitspielen wollten, den verschleppten sie nach Gibraltar” bald ein gefürchtetes Wort! Es handelte sich um eine stillgelegte, kleine Schachtanlage im südlichen Teil Bochums, die als SA-Kaserne und Folterkammer genutzt wurde.” Mugrauer floh für viele Jahre ins Ausland. Der Gemeindevorsteher von Querenburg, August Bahrenberg, starb an den Folgen der in der Zeche Gibraltar erlittenen Folter am 3. Mai 1933 im Alter von nur 53 Jahren.


Stadtarchiv Bochum-Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte

Bochumer Zeitung

Bochumer Zeitung vom 5. Juni 1935
Ganz im Stil der Zeit verfasste ein Mitarbeiter der Bochumer Zeitung einen ganzseitigen Artikel über den RAD. Er schildert den Ablauf eines normalen Arbeitstages den er begleitet hatte. Auf dem letzten Bild ist Franz Schreyer in seiner Schmiede zu sehen.

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Bilder der Zeche Gibraltar aus dem Archiv Manfred Bähr, Bochum

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Arbeitseinsatz in Darmstadt

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In Darmstadt nutzte die Abteilung 8/254 die vorhandene ehemalige Kaserne der Leibdragoner bevor sie nach Crumstadt verlegt wurde.

Nicht nur auf dem Land wurde der RAD eingesetzt, auch in größern Städten wurden Arbeitsdienstgruppen für gemeinnützige Arbeiten eingesetzt. In Darmstadt waren es vorwiegend Tätigkeiten im Bereich der Sportförderung. So wurden im Bereich des großen Woog die Übungs- und Sportstätten erneuert und als kurioses Arbeitsfeld ist das Anlegen einer Skisprung Schanze an der Nordseite der Ludwigshöhe zu nennen. Aber auch verschiedene Arbeiten in den zahlreichen Parks und Anlagen in der Stadt gehörten zum Tätigkeitsfeld.

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Sportfest des RAD 1936 in Darmstadt mit den Musik- und Spielmannszügen der Gruppe sowie den Abteilungen in Dienst und Sportbekleidung.

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Richtfest in Darmstadt

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Inspektionsbesuch der Leitung des Gruppenstabes bei der Abteilung 254/8 in Darmstadt

Einsatz am Westwall

Ab dem 27. Juni 1938 war die Abteilung dem Arbeitsgau XXXII mit Sitz in Bad Münster am Stein unterstellt. Für den Bau des Westwalls mußten alle Arbeitsgaue Abteilungen für die vielfältigsten Aufgaben abgeben. Der Arbeitsgau XXXII war unterteilt in vier Abschnittsstäbe, die Crumstädter gehörten zum Abschnitt Pfalz-Ost dessen Stab und Werkstätten in Landau ihren Sitz hatten, dazu gehörte noch ein Lazarett in Speyer. Die Abteilung gehörte nun zur Gruppe 102 mit Verwaltungssitz in Kandel. Das Lager und der Arbeitsbereich waren im Wald zwischen Wörth und Kandel am Forsthaus Langenberg. Gemeinsam mit der Abteilung 7/43 “Friedrich von Erckert” aus Gellin in Pommern wurden hier die Arbeiten wie Wegebau und weitere Aufgaben zur Vorbereitung der Baustellen usw. aufgenommen. Der RAD und die Organisation Todt (OT) leisteten meist nur unterstützende Hilfe bei den Bauarbeiten, der eigentliche Festungsbau wurde durch Festungspionier-Einheiten organisiert und geplant und meist durch professionelle Baufirmen, wie z.B. Holzmann, ausgeführt.

Die Abteilung verblieb bis zum Sommer 1940 am Westwall.

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Schutzwall-Ehrenzeichen

Die Auszeichnung wurde auch Westwall-Medaille genannt. Sie wurde ab November 1939 an Soldaten, RAD-Männer, Mitglieder der Organisation Todt aber auch an Mitarbeiter von Firmen verliehen die am Bau des West- aber auch des Ostwalls beteiligt waren. Es wurde über 620.000 mal verliehen
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Kriegseinsatz

Durch die hohen Verluste an allen Fronten wurden ab 1942 immer mehr Luftwaffensoldaten aus den Flakeinheiten der Luftverteidigung des Reichsgebietes herausgelöst und zu Luftwaffenfeldivisionen versetzt. Um den personellen Verlust auszugleichen wurden mehr und mehr Abteilungen des Reichsarbeitsdienstes, aber auch RADwj und Hitlerjugend oder Werkluftverteidigungseinheiten, mit dieser Aufgabe betraut. Sie wurden als sog. Behelfspersonal bezeichnet. Ab 1943 wurden selbstständige RAD-Flak Batterien gebildet die den taktischen Luftgau Abteilungen der Flugabwehr eingegliedert wurden. Die RAD Männer erhielten normalerweise, zumindest in der Anfangsphase, eine fundierte Ausbildung durch die Luftwaffe. Die Uniformierung und alles weitere wie Dienstgradabzeichen und Dienstränge wurden beibehalten. Über 400 Flak-Batterien des RAD waren bis zum Kriegsende im Einsatz.

Die Abteilung 8/254 gehörte ab 1943 zur schweren Flak-Abteilung 396 des 29 Flak-Regiments mit Standort in der Flak Kaserne in Frankfurt/Hausen. Diese war der  21. Flak-Division, unter der Führung des Luftgaukommandos XXII / XXIII mit Gefechtsstand in Darmstadt, unterstellt. Ihre Aufgabe bestand besonders im Industrieschutz des Großraumes Frankfurt bis nach Trier und Saarbrücken. Die Division bestand aus vier Flak-Regimentern und den dazugehörigen Scheinwerfer Einheiten. Aufgeteilt war sie in 67 schwere und 33 mittlere und leichte Batterien sowie in 45 Scheinwerfer Batterien.

Die schwere Flak Abteilung 396 hatte ihren Stab in Bad Soden und Gefechtsbatterien in Sulzbach, Unterliederbach, Hof Hausen und Sossenheim. Der RAD fungierte als 3. Batterie (C-Batterie) und trug die Bezeichnung 3/396 und war im November 1943 beim “Hof Hausen vor der Sonne” zwischen Hofheim und Kelkheim eingesetzt. Anschließend wurde die Abteilung verlegt und fungierte als 1. Batterie (A-Batterie) der Großbatterie Sulzbach mit 18 Geschützen des Kalibers 8,8cm. Zwei der Batterien waren Ortsfest und eine auf Kreuzlafetten transportabel.  Der Standort war etwa nördlich von Sulzbach in Richtung Bad Schwalbach.

Im Spätjahr 1944 wurde die Abteilung der schweren Flak-Abteilung 422 der 1. Flak-Division in Berlin zugeordnet. Der Stab der Abteilung war im Johannisstift in Spandau stationiert. Zur Verteidigung der Reichshauptstadt und dem Umland standen in diesem Zeitraum 104 schwere und 35 mittlere und leichte Batterien zur Verfügung, dazu kamen noch 20 Scheinwerferbatterien. Die genaue Bezeichung der RAD Flakeinheit lautete 7/422. Zum Einsatz kam die Einheit bei der Großbatterie in Pankow mit 3. Batterien und jeweils acht Geschützen vom Kaliber 8,8cm.

Ausgerüstet waren die schweren Flak-Abteilungen mit normalerweise je vier oder sechs, wie in Pankow aber auch mit acht,  8,8cm Geschützen die jeweils eine Bedienungsmannschaft von 10 Mann hatten. Sie setzten sich zusammen aus einem Geschützführer, einem Höhenrichtkanonier, einem Seitenrichtkanonier, einem Ladekanonier, zwei Zündungseinsteller sowie vier Munitionskanonieren. Zu jeder Geschütz Batterie gehörte jeweils ein Kommandogerät 40, ein Funkmeßgerät 41, ein Umwertgerät und ein “Würzburg” Gerät (Radar).

Belegt ist ein Vermisster RAD-Mann der 8/254 im März 1945 bei den Kämpfen in Berlin.

Ebenfalls belegt das die Einheit im März 1945 zum Erdkampfeinsatz gegen sowjetische Panzer an die Oder in den Raum Küstrin (8.3.1945) verlegt wurde und auch in diesem Bereich, entweder zerschlagen, oder aber die Mannschaft  auf verschiedene Truppenteile aufgeteilt wurde und meist  als Infanteristen oder bei Panzerbekäpfungstrupps bis zum Ende weiterkämpften.

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Die deutsche Luftverteigung 1944/1945

Lage und Personal

Trotz der zunehmenden Personal- und Rohstoffknappheit in den letzten beiden Kriegsjahren wurde die Flugabwehr von ca. 10.000 Flak Geschützen aller Kaliber im Jahre 1944 auf über 16.000 Geschütze im Jahr 1945 ausgebaut.  Das Personal war mit zunehmender Kriegsdauer immer mehr ein Mischmasch aus erfahrenen Fachleuten der Luftwaffe, ausgebildeten Helfern von RAD, HJ, Flakwehrmännern des betrieblichen Luftschutzes und sog. Hiwis für die einfachen und schweren Arbeiten wie Munitionstransport bestehend aus Kriegsgefangenen und Fremdarbeitern vor allen aus Osteuropa aber auch aus Italien und Frankreich. Verstärkt wurden zu dieser Zeit auch immer mehr weibliche Mitglieder des RADwJ zu den Luftabwehreinheiten beordert die vorwiegend Verwaltungstätigkeiten  aber auch an Scheinwerfern und Ortungsgeräten eingesetzt wurden. Aber auch ganze Schulklassen wurden, mit ihren Lehrern, zum Flak Dienst in ihren Heimatstädten herangzogen.  Die Besoldung betrug für Schüler und Hilfstruppen 0,50 RM am Tag; später wurde es im Kampfeinsatz dem der Wehrmacht angeglichen und auf 1,-RM erhöht..  Eine erste technische Grundausbildung an den Geschützen dauerte in der Regel sechs Wochen und wurde meist vor Ort von erfahrenen Ausbildern der Luftwaffe übernommen und anschließend ständig vertieft.  Ende 1944 sind über 1.100.000 Personen bei den Flak-Einheiten des Reiches eingesetzt.

Technik

Als leichte und mittlere Flak wurden im allgemeinen die 2cm bis 3,7cm Schnellfeuergeschütze bezeichnet die entweder als Einzel- aber auch als Drillings- oder Vierling gestaltet waren. Zur schweren Flak gehörten neben den 8,8cm auch die Geschütze mit den Kalibern 10,5cm und 12,8cm die für Einzelgeschosse ausgelegt waren.


Besatzung:
Geschützführer
Kanonier K1 - Richtkanonier, Rohrerhöhung
Kanonier K2 - Richtkanonier Seitenwinkel
Kanonier K3 - Ladekanonier
Kanonier K4 und K5 - Munitionskanoniere
Kanonier K6 - Einsteller für Zünderlaufzeit
Kanonier K7 - Einsetzter für Zünderstellmaschine
Kanonier K8 und K9 - Munitionskanoniere
 
Batteriegefechtstand mit Batteriechef, Messoffizier und Messtruppführer
 
Messstaffel mit E1 - Entfernungsmesser, E2 - Seitenwinkelmesser, E3 - Höhenmesser

Kommandogerät

Funkmeßgerät mit Geräteführer und 6 Mann Besatzung

Umwertgerät

Scheinwerfer


Die Effektivität der Luftabwehr wurde von der Bevölkerung immer wieder angezweifelt, das stimmt zum Teil denn die Abschussraten der Tag- und Nachtjäger der Luftwaffe waren bedeutend erfolgreicher als die der bodengebundenen Abwehr. Ohne Zweifel ist allerdings das eine geballte Flakabwehr die allierten Flugzeugbesatzungen in Angst und Schrecken versetzte und so oft zu Fehl- und Frühabwürfen führte. Um einen Bomber abzuschießen benötigte z.B. eine 8,8cm 36/37 Flak über 16.000 Schuss Munition, ihr Nachfolgemodell 41 immer noch über 8500 Schuss. Im Durchschnitt verbrauchte die deutsche Luftabwehr im Jahre 1944 monatlich 1.750.000 Granaten des Kalibers 8,8cm.

Flak-Stellung “Hof Hausen vor der Sonne”

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Diese vier Fotos enstanden während einer Großangriffes auf Eschborn

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Überreste eines Britischen Bombers bei Frankfurt-Schwanheim der von der Flak-Abteilung 396, Hof Hausen abgeschossen wurde

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